(Jörg Roche)
Transdifference
Der Transdifferenz-Ansatz gehört zu den für die Landeskunde wichtigen Versuchen, Fremdheit nicht auflösen zu wollen, sondern das daraus entstehende Problem der kognitiven Dissonanz durch eine Betonung und Akzeptanz von Fremdheit zu lösen. Verschiedene, sich mehr oder weniger stark verändernde Positionen können somit ohne den Zwang zur Auflösung nebeneinanderstehen. Das Konzept der Transdifferenz ist aus einer intensiven Auseinandersetzung mit den Kernproblemen trans- und interkultureller Kommunikation entstanden. Insbesondere die Restriktionen und Widersprüche binärer Ansätze vom Verstehen des Eigenen und des Fremden können damit überwunden werden. Der Normalität des Fremden als Katalysator für Lernen wird zur Geltung verholfen.
Am Anfang der Entwicklung des Konzeptes der Transdifferenz lag der Fokus noch auf dem Verstehen, mit dem ähnlich dem Gadamerschen Konzept der Horizontverschmelzung eine „Verflüssigung der Differenzen“ einherging. Damit rückten nach der Kritik an der Fokussierung auf das ‚Verstehen‘ auch ‚Nichtverstehen‘ und ‚Missverstehen‘ ins Blickfeld. So wurde es möglich, „die Aufmerksamkeit auf die Differenzen zu legen, womit wiederum eine wichtige Voraussetzung für den Zugang zu einer ‚produktiven Transdifferenz‘ gegeben war“.
Dem Transdifferenzansatz geht es also wie der Skeptischen Hermeneutik oder dem Modell des ethischen Universalismus darum, die durch die Dynamik der Figuration und Transkulturation entstehenden Differenzen anders zu denken, sie nicht auflösen zu müssen. Differenzen sind also vorübergehende Erscheinungen, die instabil werden. Sie haben eine orientierungsstiftende Funktion, sollen in dieser Funktion erhalten bleiben und durch eine Komponente Transdifferenz ergänzt werden.
Literatur
- Breinig, Helmbrecht & Lösch, Klaus (2006), Transdifference. Journal for the Study of British Cultures 13: 2, 105–122.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)