(Jörg Roche)
Die Spontangrammatik wird als eine flüchtige, instinktive Hypothesengrammatik verstanden. Sie entsteht bei der ersten Begegnung mit einer einigermaßen interkomprehensiblen oder transparenten Sprache, und zwar im Moment des ersten Dekodierungsvorgangs der neuen sprachlichen Struktur. Der Lerner erkennt bedeutungshaltiges lexikalisches Material und gegebenenfalls weitere Regularitäten in und zwischen den erworbenen Sprachen. Die Spontangrammatik wird im weiteren Lernprozess modifiziert, sofern sich das deklarative und prozedurale Wissen auf den systemischen Charakter der Sprachen einstellt und seinen Umfang erweitert.
Literatur
➥Interkomprehension
(Jörg Roche)
Intercomprehension
Das Prinzip der Interkomprehension bezieht sich darauf, dass Transferbasen die Grundlage der Verständlichkeit von Sprachen einer Sprachfamilie bilden. Wenn die gemeinsame Basis identifiziert oder ausgefiltert ist, bleiben monolinguale Profilelemente als Spezifika einer zu erwerbenden Sprache übrig. Beim Erwerb einer weiteren nahverwandten Fremdsprache, zu der der Lerner bereits Vorwissen verfügt, kommt es demnach darauf an, das vorhandene Wissen und seine Organisation so zu aktivieren, dass die zwischen den Ausgangssprachen und der Zielsprache liegenden kognitiven Schemata miteinander verbunden werden können. Es geht also darum, das Bekannte mit dem Neuen zu verknüpfen, um das Spezifische der zu erlernenden Sprache verankern zu können (Transferdidaktik). Das Prinzip der (vorwiegend strukturellen) Ähnlichkeiten greift die EuroCom-Initiative auf, die Lehrpläne und Materialien für romanische, germanische und slawische Sprachen entwickelt. Die Interkomprehensionsdidaktik stellt das systemische Vorgehen verschiedener Modelle dar, die auf Ähnlichkeiten von Sprachen aufbauen und bemüht sind, diese in Unterrichtsmethoden umzusetzen. Zu ihren wichtigsten Elementen gehören: die Spontangrammatik, der Mehrsprachenspeicher und der Didaktische Monitor. Das Konzept der Transferdifferenz in der kognitiven Sprachdidaktik erweitert das Interkomprehensionskonzept als didaktisches Prinzip auch im Umgang mit sprachkulturellen Differenzen.
Literatur
- Klein, Horst G. & Stegmann, Tilbert Dídac (2000), EuroComRom – die sieben Siebe. Romanische Sprachen sofort lesen können. Aachen: Shaker.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
In der Interkomprehensionsdidaktik wird der Begriff der “Hypothesengrammatik” benutzt. Gemeint ist das Konstrukt, welches ein Mensch im Moment der verstehenden Begegnung mit einer ‘fremden’ Sprache bildet (bzw. bilden kann). Die H. entsteht im Zusammenhang mit der Disambiguierung der unbekannten Struktur (Wort, Ligalex, Verwendung des Modus, des Tempus usw.). Die Hypothese bedarf — wie die Interkomprehensionsdidaktik betont — selbstverständlich der Verifikation (die auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen — personell oder mithilfe von Nachschlagewerken oder Ähnlichem erfolgen kann). Die Interkomprehensionsdidaktik, welche sich seit den 1990er Jahren international entwickelt hat, ist empirisch durch zahlreiche Arbeiten (allein Frankreich über 60 Dissertationen und Habilitationen) abgesichert.