(Jörg Roche)
In der authentischen Kommunikation besitzt das sprachliche Zeichen immer mehrere unterschiedliche Funktionen: Eine Senderfunktion, eine Adressatenfunktion und eine Abbildungsfunktion der Gegenstände und Sachverhalte. Bühler fasste diese Funktionen bereits 1934 in seinem einflussreichen Organon-Modell zusammen.
Abbildung: Kommunikationsmodell nach Bühler 1934
Demnach repräsentiert das sprachliche Zeichen (Sprache) als Symbol Gegenstände und Ereignisse, kurz die Welt. Diese Symbolfunktion ist aber nicht objektiv oder neutral gegeben, sondern geschieht als subjektiver Ausdruck der Perspektive eines Sprechers oder Schreibers, kurz eines Senders. Diese entspricht nicht immer jener des Empfängers, beziehungsweise die Perspektive des Adressaten wird vom Sender nicht immer gleich stark berücksichtigt. Sprache kommt eigentlich immer in dieser Dreieckskonstellation vor. Selbst bei Einträgen in ein Tagebuch stellen sich Schreiber einen realen oder fiktiven Adressaten vor. Auch in literarischer Sprache gibt es Sprecher beziehungsweise Schreiber (Erzähler, Lyrisches Ich) und Adressaten (Publikum, Leser, Protagonisten). Authentische Kommunikation ist also nicht deshalb authentisch, weil sie alltäglich ist oder weil es laut ist, sondern weil dort alle drei Bezüge nach Bühlers Modell realisiert sind. Aus dem gleichen Grunde stellt die linguistische Pragmatik, die Sprache als Handlungssystem untersucht, die sprachlichen Strukturen (Darstellung) immer in Bezug zu Ausdrucks- und Appellfunktionen.
Literatur
- Bühler, Karl (1934/1999), Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Jena: G. Fischer.
- Roche, Jörg (2013), Fremdsprachenerwerb, Fremdsprachendidaktik (2. Aufl.). Tübingen: Francke.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)