(Gesine Lenore Schiewer & Jörg Roche)
Individuelle, soziale und kulturelle Bedeutsamkeit bedeutet, dass Literatur mit entsprechenden didaktischen Konzepten zur Reflexion, Identitätsbildung, Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation wesentlich beitragen kann. Literarische Texte gehören in diesem Zusammenhang einem gesamten „Handlungsfeld Literatur“ an und gewinnen hierdurch in den drei folgenden Bereichen an Bedeutung.
Individuelle Bedeutsamkeit hat Literatur insbesondere für heranwachsende Kinder und Jugendliche, die sich in der Lektüre mit alternativen Lebensentwürfen identifizieren oder sie verwerfen, in fremde Welten eintauchen und auf fiktive Figuren ihre Träume, Wünsche und Zukunftsentwürfe projizieren.
Soziale Bedeutsamkeit hat Literatur besonders in Kontexten, in denen Leserinnen und Leser über einen gemeinsam rezipierten Text ins Gespräch kommen. Hier ergibt sich eine Vielfalt von Möglichkeiten der Lektüre sowie des Austausches über persönliche Deutungsmuster der Handlung. Es kann zur Bestätigung, Revidierung oder gar Verwerfung von eigenen Deutungsmustern kommen.
Wie jede Kunstform besitzt schließlich auch die Literatur innerhalb einer Gemeinschaft kulturelle Bedeutsamkeit, da sie ein Teil ihres kulturellen Gedächtnisses ausmacht. Über literarische Texte erfahren wir, welche historischen Ereignisse, politischen Entwicklungen und sozialen Wandlungen eine Kultur zu einem bestimmten Zeitpunkt geprägt haben.
Vor allem der dritte Bereich gewinnt im fremdsprachlichen Literaturunterricht an Bedeutung, da über die Lektüre von literarischen Texten der Zielkultur sich Wege des Kulturdialogs öffnen. Für das Zustandekommen dieses Dialogs muss innerhalb des Literaturunterrichts Raum geschaffen werden, in dem die Literatur der Zielkultur nicht ausschließlich als Quelle landeskundlichen Wissens gesehen wird, sondern durch entsprechende Didaktisierungen Brücken zwischen muttersprachlicher und fremdsprachlicher Literatur geschlagen werden. In diesem Zusammenhang sind Lerneraktivitäten, die zum Erproben und Experimentieren mit eigenen literarischen Schreibversuchen anregen, ein wesentlicher Schritt zur Eröffnung des interkulturellen Dialogs.
Literatur
- Abraham, Ulf & Kepser, Matthis (2006), Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 2. durchgesehene Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)