(Kees de Bot & Jörg Roche)
Smooth Switching & Flagged Switching
Die Vermeidung ungrammatischer Erscheinungsformen durch syntaktisch korrekt durchgeführte Sprachenwechsel bezeichnen Poplack & Sankoff (1988) mit dem Begriff der so genannten flüssigen Wechsel (smooth switching). Der stilistische Wechsel (flagged switching) zielt, im Gegensatz zu dem flüssigen Wechsel, auf eine stilistische Funktion ab. Bei stilistischen Wechseln spielen Pausen, Verzögerungen und metasprachliche Kommentare, die primär adressatenbezogen sind, eine große Rolle. Durch diese metalinguistischen und parasprachlichen Markierungen wird der Wechsel zuerst „angekündigt“. Dadurch kann es zu Beeinträchtigungen des Sprechflusses kommen. Die communication accommodation theory von Giles (2008) versucht Code-Switching dagegen nicht als Markierung stilistischer Aspekte, sondern als Ausdruck kommunikativer Anpassungen zu behandeln. Sie sieht Code-Switching in der zunehmenden Annäherung von Sprechern und Sprecherinnen in der Konversation motiviert, als eine Art Konvergenzmarkierung, oder als Divergenzmarkierung, wo soziale Unterschiede hervorgehoben werden und bestehen bleiben sollen. Konvergenz oder Divergenz zeigen sich in Dialekt, Intonation, Akzent und paralinguistischen Merkmalen. Demnach wäre die Richtung des Sprachenwechsels vorwiegend durch den Gesprächspartner oder die ‑partnerin vorgegeben. Bei einer strikten Auslegung des Konvergenzprinzips müsste ein Deutscher, der mit einem Chinesen redet, folglich zunehmend ins Chinesische wechseln, der Chinese ins Deutsche. Wo solche Sprecherkonstellationen vorliegen, lassen sich tendenziell oft Konvergenzeffekte empirisch beobachten, aber sie erklären nicht die graduellen Unterschiede in den Wechseln, nicht die zeitliche Begrenztheit der Wechsel, nicht die Wechsel in dritte Sprachen und nicht die Rolle der oft mangelnden Kompetenzen eines Sprechers oder einer Sprecherin in der Sprache seines oder ihres Gegenübers. Die Dynamik des Sprachenwechsels lässt sich demnach nicht allein aus Fixpunkten der Sprachenkonstellationen erklären. Das Verhältnis von Sprecher oder Sprecherin und Adressat beziehungsweise Adressatin und weitere pragmatische Aspekte der Mitteilungskonstruktion sind ebenfalls zu berücksichtigen. Hierzu gehören situations- und themenabhängige Wechsel von einer Sprache in die andere.
Literatur
- Giles, Howard (2008), Communication Accommodation Theory: When in Rome… or Not! In: Baxter, Leslie A. & Braithwaite, Dawn O. (Hrsg.), Engaging theories in interpersonal communication. Multiple perspectives. Los Angeles: Sage Publications, 161–173.
- Poplack, Shana & Sankoff, David (1988), Code-switching. In: Ammon, Ulrich; Dittmar, Norbert & Mattheier, Klaus (Hrsg.), Sociolinguistics. An international handbook of the science of languague and society = Soziolinguistik. Ein internationales Handbuch zur Wissenschaft von Sprache und Gesellschaft. Berlin & New York: Walter de Gruyter, 1174–1180.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)