Grammatiken, die für Unterrichts- und Lernzwecke funktional vereinfacht sind, nennt man didaktisierte Grammatiken. Gelegentlich werden diese aber auch als didaktische oder pädagogische Grammatiken beziehungsweise als Lernergrammatiken bezeichnet.
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Der Parser ist eine Komponente oder ein Instrument der natürlichen oder künstlichen Sprachanalyse. Er zerlegt das Sprachsignal in einzelne Teile: Erstens muss ein Worterkennungssystem Zugang zum mentalen Lexikon haben, um Wörter zu identifizieren. Zweitens muss sich ein Teilsystem der Analyse der syntaktischen Beziehungen zwischen den Wörtern annehmen und drittens muss ein weiteres Teilsystem die semantische Interpretation leisten.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche)
Vantage Point
Im Unterschied zur Alltagssprache wird der Begriff „Perspektivierung“ (vantage point) zur Bezeichnung von drei spezifischen Dimensionen der Konzeptualisierung verwendet. Talmy unterscheidet 1. die interne und die externe Perspektive, so zum Beispiel bei Die Tür öffnete sich und er kam ins Zimmer (intern) und Er öffnete die Tür und ging ins Zimmer (extern). Mit dem nicht-progressiven Aspekt wird eine Art globale beziehungsweise externe Perspektive eingenommen, die bei perfektiven Verben die Betrachtung des Anfangs- und/oder des Endpunkts eines Prozesses ermöglicht (zum Beispiel Er schläft ein). Mit dem progressiven Aspekt wird hingegen eine lokale beziehungsweise interne Perspektive eingenommen, die auf eine einzelne Komponente des Prozesses fokussiert und daher auch Anfangs- und Endpunkt des Prozesses ausblendet (zum Beispiel Er ist am Einschlafen):
Bounded event (links) und unbounded event (rechts) (Radden & Dirven 2007: 178)
Die 2. Dimension betrifft die mitlaufende und die feste Kameraperspektive. So wäre im Satz Auf der Zugstrecke sind mehrere Tunnel eine feste Kameraperspektive anzunehmen, während im Satz Auf der Zugstrecke fahren wir ab und an durch einen Tunnel eine mitlaufende Kameraperspektive eingenommen wird.
Die 3. Dimension der Perspektivierung drückt die Lokalisierung von Objekten, den Bezugspunkt, aus. Die Beispielsätze Hinter dem Baum steht ein Radar oder Vor dem Baum steht ein Radar könnten sich durchaus auf dieselbe Situation beziehen. Neben der Figur Radar und dem Grund Baum ist hier ein secondary landmark als Bezugspunkt gegeben. Bezugspunkte können sich auf das betrachtende Subjekt beziehen (ego-aligned versus ego-opposed), eine objektzentrierte Perspektive oder und die absolute Perspektive markieren. Die objektzentrierte Perspektive ist dann möglich, wenn ein Referenzobjekt eine intrinsische vordere und hintere Seite hat. Die absolute Perspektive bezieht sich auf ein unverändertes Orientierungssystem aus der Umwelt, wie die Himmelsrichtungen.
Literatur
- Langacker, Ronald W. (2008a), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford/New York: Oxford University Press.
- Langacker, Ronald W. (2008b), Cognitive grammar as a basis for language instruction. In: Robinson, Peter & Ellis, Nick C. (Eds.), Handbook of Cognitive Linguistics and Second Language Acquisition. New York: Routledge, 66–88.
- Radden, Günter & Dirven, René (2007), Cognitive English Grammar. Amsterdam: John Benjamins Pub.
- Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Sabine De Knop & Jörg Roche)
Phraseme
Ein Phrasem ist ein sprachliches Element, das aus mehreren Wörtern besteht, deren Bedeutung aber aus der syntagmatischen Einheit en bloc entsteht. Neuere Modelle des Fremdsprachenerwerbs gehen davon aus, dass ein Lernen in festen Sequenzen und Chunks, besonders in den Anfangsphasen des Erwerbs, eine Grundbedingung für erfolgreichen Erwerb ist (Handwerker 2008). Die zugrundeliegende Idee ist, dass „much of communication makes use of fixed expressions memorized as formulaic chunks” (Ellis & Cadierno 2009: 114). Kommunikation beruht auf solchen Sequenzen, entweder in der Form von Kollokationen, von Mehrwort-Sequenzen, von Holophrasen, von Phrasemen, von Idiomen (Wulff 2012). Das Fremdsprachenlernen ist „the learning of an inventory of patterns as arrangements of words with their associated structural meanings” (Ellis & Cadierno 2009: 114). Patterns sind hier nicht zu verstehen als fixierte, aber kontextlose Schablonen im Sinne der audiolingualen Methode, sondern als rekurrente, bedeutungsvolle Muster.
Literatur
Ellis, Nick & Cadierno, Teresa (2009), Constructing a Second Language. Introduction to the special section. Annual Review of Cognitive Linguistics 7, 11–139.
Handwerker, Brigitte (2008), ‘Chunks’ und Konstruktionen – Zur Integration von lerntheoretischem und grammatischem Ansatz. Estudios Filológicos Alemanes 15, 49–64.
Wulff, Stefanie (2012), Idiomaticity. In: Robinson, Peter (Ed.), The Routledge Encyclopedia of Second Language Acquisition. London: Routledge, 291–293.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Kees de Bot)
Phrenology
Diese Lehre versuchte, verschiedene kognitive und emotionale Eigenschaften klar abgegrenzten Hirnarealen zuzuordnen. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen Schädelform und Charakter unterstellt.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
Wenn Sprachen aufeinandertreffen, ohne dass die Möglichkeit eines gemeinsamen Codes besteht, entstehen Sprachmischungen. Diese sind zunächst instabil und temporär und enthalten außer verschiedenen Elementen der beteiligten Sprachen auch neue Sprachschöpfungen. Bei längerem Kontakt verfestigen sich die Strukturen, bis eine neue Sprache (Kreolsprache) entsteht. Viele Pidgins und Kreolsprachen sind in den Zeiten der Kolonisierung entstanden.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche & Svenja Uth)
Pidginization
Als Pidginisierung bezeichnet man den Prozess, in dem sich Substrat und Superstrat im Kontakt mischen und dabei eine Mischsprache entsteht. In diesem Prozess wird meist das reduzierte Vokabular einer weitreichend kodifizierten, dominanten Sprache mit der vereinfachten Grammatik der anderen Sprache vermischt. Während die Pidginisierung mit der Reduktion des Vokabulars und der Vereinfachung der Grammatik einhergeht, kommt es bei der Kreolisierung zu einem umgekehrten Prozess.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
(Enikő Öveges)
Plurilingualism
Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen fördert Plurilingualismus und verfolgt einen handlungs- und kompetenzorientierten Ansatz. Plurilingualismus als didaktisches Konzept geht über die Mehrsprachigkeit hinaus: Das Konzept meint nicht nur, dass mehrere Sprachen in einem speziellen Setting angeboten werden und dass Spracherwerb von mehr als einer Fremdsprache unterstützt wird, sondern betont auch, dass der Spracherwerb kein klar abgegrenzter Prozess ist, sondern in Verbindung mit den gemachten Erfahrungen und dem erworbenen Wissen geschieht.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Beim Fremdsprachenlernen werden sehr oft Portfolios verwendet, um den Kompetenzzuwachs der Lerner transparenter zu machen. Das bekannteste Beispiel dafür ist das Europäische Sprachenportfolio. Das Portfolios kann vielfältig eingesetzt werden: Portfolios bieten nämlich die Möglichkeit, Lernwege und Lernprozesse sichtbar zu machen. Die Idee ist ähnlich wie bei Lerntagebüchern: Regelmäßige Zusammenfassungen, eigene Überlegungen und Stellungnahmen werden gesammelt, außerdem aber auch Ergebnisse der Selbstevaluation. Portfolios können dazu beitragen, den Schülern und Schülerinnen bereits vorhandene Kompetenzen und Fortschritte bewusst zu machen. Die intensive Beschäftigung mit den Lernfortschritten verstärkt auch die Lernerautonomie und fördert die Kommunikationsfähigkeit über das Lernen (metakognitive Strategien).
Literatur
Sprachen lernen. Europäisches Sprachenportfolio für Erwachsene. (2009) Council of Europe. [Online unter http://www.hueber.de/sixcms/media.php/36/978–3‑19–002963-1_EuropaeischesSprachenportfolio.pdf 15. Februar 2015].
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Kees de Bot)
Positron-Emission Tomography (PET)
Bei diesem Neuroimaging-Verfahren wird durch die Injektion einer kleinen Menge Flüssigkeit mit einem radioaktiven Element in den Blutkreislauf untersucht, welche Gehirnregionen während der Verarbeitung spezieller Stimuli aktiv sind.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
Pragmatics
Die linguistische Pragmatik untersucht die Sprache als Handlungssystem (Organon-Modell). Hierzu gehört meistens auch eine funktionale Betrachtung sprachlicher Erscheinungen, wie zum Beispiel die Strukturierung von Äußerungen nach Gesichtspunkten der Informationsverteilung und der Erwerb sprachlicher Strukturen nach Gesichtspunkten der Sprachökonomie.
(Jörg Roche)
pragmatic and syntactic mode
Die Unterscheidung von pragmatischem und syntaktischem Modus geht auf die typologische Klassifikation von Givóns (1979) zurück. Erst- und Fremd-Sprachenerwerb, Wiedererwerb, Sprachwandel und Sprachvariation im Allgemeinen entwickeln sich onto- und phylogenetisch von einem pragmatic mode (pragmatischer Modus) in Richtung auf einen syntactic mode (syntaktischer Modus). Die Prinzipien des pragmatischen Modus sind Grundlage von Grammatiken ausgebildeter Sprachen und auch im Deutschen in vielen Varietäten erhalten, zum Beispiel SMS, Telegrammen, Überschriften, Werbetexten, Xenolekten, Ethnolekten, Aphasien. Der Prozess der Grammatikalisierung manifestiert sich in verschiedenen sprachlichen Bereichen:
Literatur
- Givón, Talmy (1979), From discourse to syntax. Grammar as a processing strategy. In: Kimball, John, P. & Givón, Talmy (Eds.), Syntax and semantics. New York, San Francisco & London: Academic Press, Harcourt Brace Jovanovich, 81–112.
- Klein, Wolfgang & Dimroth, Christine (2003), Der ungesteuerte Zweitspracherwerb Erwachsener. Ein Überblick über den Forschungsstand. In: Maas, Utz & Mehlem, Ulrich (Hrsg.), Qualitätsanforderungen für die Sprachförderung im Rahmen der Integration von Zuwanderern (Bd. 21). Osnabrück: IMIS (=IMIS-Beiträge, 21), 127–161.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
In einer Umgebung, in der Deutsch Zielsprache oder Lingua Franca ist, erfolgt die Kommunikation auch unter verschiedensprachigen Lernern des Deutschen automatisch auf Deutsch. Es sind daher keine externen Steuerungs- oder Überwachungsverfahren nötig.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Isabel Hoffmann)
Präsenz bezeichnet das Gefühl, in einer (virtuellen) Welt anwesend zu sein. Weiter versteht man darunter das individuelle Gefühl, sich in einer virtuellen Umgebung zu befinden und Teil dieser zu sein (vergleiche Witmer & Singer 1998: 225). Bei der räumlichen Präsenz herrscht der Grundgedanke vor, die Rezipientin oder der Rezipient erschließe sich „eine virtuelle Umgebung durch die darin möglichen Handlungen, etwa die eigene Bewegung im virtuellen Raum, das Anfassen von Objekten, Interaktionen mit anderen Akteuren“ (Bilandzic 2013: 276). Soziale Präsenz dagegen bedeutet, dass eine Kommunikationspartnerin oder ein Kommunikationspartners durch ein Medium als natürliche Person wahrgenommen wird. Mithilfe von medialen Darstellungen und technischen Aspekten kann eine Reihe von physiologischen und psychologischen Reaktionen ausgelöst werden (vergleiche Zender et al. 2018: 3). Präsenz ist dann erreicht, wenn die Nutzerinnen und Nutzer sich in der computergenerierten Umgebung befinden und sich wie in der realen Welt verhalten (vergleiche Dörner et al. 2013: 46).
Literatur
- Bilandzic, Helena (2013), Immersion. In: Wünsch, Carsten & Schramm, Holger (Hrsg.), Handbuch Medienrezeption. Baden-Baden: Nomos, 273–290.
- Dörner, Ralf; Broll, Wolfgang; Grimm, Paul & Jung, Bernhard (2013), Virtual and Augmented Reality (VR/AR). Grundlagen und Methoden der Virtuellen und Augmentierten Realität. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag.
- Witmer, Bob & Singer, Michael (1998), Measuring presence in virtual environments: A presence questionnaire. Presence 7: 3, 225–240.
-
Zender, Raphael; Weise, Matthias; Heyde, Markus von der & Söbke, Heinrich (2018), Lehren und Lernen mit VR und AR – Was wird erwartet? Was funktioniert? In: Schiffner, Daniel (Hrsg.), Proceedings der Pre-Conference-Workshops der 16. E‑Learning Fachtagung Informatik (DeLFI), Frankfurt, Germany.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 9 Grundlagen der Medienwissenschaft und Mediendidaktik der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Primacy Effect, Recency Effect
Wenn ein Gesprächspartner scheinbar nicht aufmerksam zuhört, aber dennoch den letzten Satz seines Gegenübers wiederholen kann, ist dies kein eindeutiges Anzeichen dafür, dass er ihm doch seine ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Nach dem sogenannten Recency-Effekt (Hoffmann & Engelkamp 2013) werden nämlich die letzten Wörter im Arbeitsgedächtnis behalten, die als Stimuli im sensorischen Gedächtnis wahrgenommen wurden, ohne dass besondere Aufmerksamkeitsprozesse in Gang gesetzt wurden. Diese Wörter sind einige Sekunden im Arbeitsgedächtnis verfügbar, gehen aber verloren, wenn keine weiteren Prozesse der Informationsverarbeitung mit einer willentlichen Aufmerksamkeitszuwendung erfolgen (Assimilation oder Akkomodation).
Auch die zuerst verarbeiteten Items werden nach dem Primacy-Effekt (Hoffmann & Engelkamp 2013) oft besser erinnert als die Items in der Mitte einer Serie.
Literatur
- Hoffmann, Joachim & Engelkamp, Johannes (2013), Lern- und Gedächtnispsychologie. Heidelberg: Springer.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Primary Ethnolect
Als Ethnolekt bezeichnet man einen Gruppencode von Sprechern, die sich von der Hauptsprache einer Gesellschaft (bewusst) abgrenzen und damit eine eigene Identität manifestieren wollen. Ethnolekte basieren auf lernersprachlichen Elementen, unterscheiden sich aber von diesen durch übergeneralisierte grammatische Merkmale, spezifische lexikalische Elemente und formelhafte Ausdrücke. Diese Merkmale sind jedoch nicht unbedingt ein Zeichen einer schlecht oder unvollständig erworbenen Zielsprache, da die Sprecher und Sprecherinnen des primären Ethnolekts in formellen Situationen durchaus oft in der Lage sind, die Zielsprache korrekt zu verwenden und den Ethnolekt zu vermeiden. Diese Form ist somit stark situationsabhängig und wird vor allem identitätsstiftend als Selbststilisierung verwendet. Außer dem sprachlichen Code bedarf es weiterer gruppenspezifischer Eigenschaften, um autorisiert in den Kreis der primären Sprecher aufgenommen zu werden. Sekundäre und tertiäre Ethnolekte unterscheiden sich zum Teil deutlich von der primären Quelle (siehe auch Einträge zu Kanaksprak und Kiezdeutsch).
Literatur
- Auer, Peter (2003), ‚Türkenslang‘: Ein jugendsprachlicher Ethnolekt des Deutschen und seine Transformationen. In: Häcki-Buhofer, Annelies (Hrsg.), Spracherwerb und Lebensalter. Tübingen: Francke, 255–264.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
Prozedurale Lernaufforderungen (process prompts) zählen zu den wichtigsten Lernhilfen (Scaffolds). Sie werden den Lernern direkt während ihres Lernprozesses von der Lehrperson vorgegeben.
Zu den Prompting-Maßnahmen zählen unter anderem Signal Words, Generic Question Stems & Generic Questions, Main Ideas, Question Types, Story Grammar Categories und No Apparent Procedural Prompts.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm)
Als Propositionen bezeichnet man die eigentliche Aussage eines Satzes. Damit ist gemeint, dass eine Äußerung etwas über bestimmte Gegenstände oder Sachverhalte der Welt aussagt und diese Äußerung entweder wahr oder falsch sein kann. Aussagesätze sind daher immer Propositionen, während dies gemeinhin nicht für Fragen oder Relativsätze gilt.
In der Sprechakt-Theorie von Searle (1969) besteht der propositionale Akt aus zwei Teilen: Zum einen aus der Referenz auf ein außersprachliches Objekt (zum Beispiel der Eigenname Arwen) und zum anderen aus den zugeordneten Eigenschaften (Arwen ist mutig; Arwen, sei mutig! Ist Arwen mutig?). Nach Searl (1969) ist die Proposition also auch bei Aufforderungen und Fragen gegeben.
Literatur
- John R. Searle (1969), Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language. Cambridge: University Press Cambridge.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Sabine De Knop & Patricia Boos)
Prototype
Ein Prototyp ist der zentrale Vertreter einer Klasse beziehungsweise Kategorie, der in der Regel die maximale Anzahl an Charakteristika aufweist, die mit den anderen Vertretern der Kategorie geteilt werden können (nicht müssen). So ist ein Singvogel eher ein Prototyp für die Klasse der Vögel als ein Huhn oder ein Pinguin, auch wenn alle Arten Flügel, Federn und einen Schnabel besitzen. Nur ein Singvogel kann richtig fliegen. Es gibt folglich Vertreter von Kategorien, die leicht in diese einzuordnen sind, während die Einordnung bei anderen nicht unstrittig ist.
Auch mentale Konzepte bilden nach dem Prototypeneffekt Kategorien um einen zentralen Vertreter.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Prototype Effect
Mentale Konzepte organisieren sich als grundlegende kognitive Entitäten nicht nach Kriterien oder festen Definitionen, sondern sie bilden Kategorien um einen zentralen Vertreter (Prototyp). Der zentrale Vertreter weist in der Regel die maximale Anzahl an Charakteristika auf, die mit den anderen Vertretern der Kategorie geteilt werden können. Die konzeptuelle Organisation nach Prototypen setzt außerdem voraus, dass es kein Charakteristikum gibt, das allen Vertretern der Kategorie gemeinsam sein muss. Zur Veranschaulichung des Prototypeneffekts kann das Konzept Kugel als Beispiel dienen:
Abbildung: Prototypeneffekt am Beispiel Kugel
An den verschiedenen Abbildungen ist zu erkennen, dass a) den prototypischen und besten Vertreter der Kategorie Kugel darstellt. Die anderen Mitglieder der Kategorie Kugel können zwar als solche erkannt werden, aber sie weichen auf irgendeine Weise vom zentralen Vertreter ab: Während d) eine metaphorische Extension von Kugel (Patronenkugel) darstellt, bezieht sich b) auf Kugel in ihrer synonymischen Verwendung zu (Fuß-)Ball und c) auf eine bestimmte Art von Kugel, nämlich Billardkugel. Die Distanz zwischen dem Prototypen und den anderen Vertretern der Kategorie variiert je nach Art der Abweichung.
Literatur
- Evans, Vyvyan & Green, Melanie (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Mahwah, N.J: L. Erlbaum.
- Geeraerts, Dirk (1989), Prospects and problems of prototype theory. Linguistics 27: 4, 587–612.
- Radden, Günter (2008), The cognitive approach to language. In: Andor, Jósef; Hollósy, Bela; Laczkó, Tibor & Pe-lyvás, Péter (Hrsg.), When Grammar Minds Language and Literature: Festschrift for Prof. Béla Korponay on the Occasion of his 80th Birthday. Debrecen: Institute of English and American Studies, 387–412.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Examination Training
Prüfungstraining ist die Vorbereitung der Schüler und Schülerinnen auf die Prüfung. Dabei werden vor allem technische und organisatorische Aspekte der Prüfung geübt – Kompetenzen, die zur Bewältigung der Prüfungssituation notwendig sind.
Das Prüfungstraining kann ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts sein, sollte aber nicht zu viel Raum einnehmen. Durch die Lösung von Modelltests können Lerner eine quasi-echte Prüfungssituation erleben und ihren Kenntnisstand überprüfen. Dadurch wird jedoch die kommunikative Kompetenz der Lerner nicht unbedingt erhöht, weil Testaufgaben dazu meist nicht gut geeignet sind.
Literatur
- Roche, Jörg (Hrsg.) (2005), Fit für den TestDaF – Prüfungstraining. München/Ismaning,: Hueber-Verlag (inklusive Audio-CD).
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
Psycholinguistics
Die Psycholinguistik beschäftigt sich im weitesten Sinne mit Aspekten der Sprachfähigkeit und der Sprachverarbeitung des Menschen und reicht damit in Nachbarbereiche wie die Linguistik, Neurolinguistik und Psychologie. Sie erforscht das kognitive System, das das Sprechen ermöglicht. Kernbereiche sind die Prozesse der Sprachproduktion, des Sprachverstehens, des Erst- und Zweitsprachenerwerbs sowie des Sprachverlustes und Wiedererwerbs (Aphasie).