Objek­ti­vi­tät

(Ruth Albert)

Objec­ti­vi­ty

Objek­ti­vi­tät ist ein ele­men­ta­res Güte­kri­te­ri­um für (empi­ri­sche) Unter­su­chun­gen. Es besagt, dass das Ergeb­nis einer Studie/eines Tests unab­hän­gig von den die­se durch­füh­ren­den und aus­wer­ten­den Per­so­nen immer gleich sein soll­te. Objek­ti­vi­tät ist nicht immer leicht zu gewähr­leis­ten. Bei einem Test mit fest­ge­leg­ten, rich­ti­gen Ant­wor­ten wür­de jeder, der die­sen Test nach dem vor­ge­ge­be­nen Sche­ma kor­ri­giert, zum sel­ben Ergeb­nis kom­men. Bei der Beur­tei­lung der Qua­li­tät von Ler­nerauf­sät­zen (offe­nen Auf­ga­ben) bei­spiels­wei­se  könn­ten hin­ge­gen unter­schied­li­che Kor­rek­to­ren durch­aus unter­schied­li­che Punk­te oder Noten ver­ge­ben. Um bei der Aus­wer­tung sol­cher Auf­ga­benfor­ma­te die Objek­ti­vi­tät zu erhö­hen, wird meist ein Bewer­tungs­ras­ter vor­ge­ge­ben. Die­ses legt fest, , wie vie­le Punk­te für wel­che Merk­ma­le des Tex­tes (gro­ßer Wort­schatz, wenig Gram­ma­tik­feh­ler usw.) ver­ge­ben wer­den. Trotz­dem kann ein Rest­an­teil an Sub­jek­ti­vi­tät schwer aus­ge­schlos­sen wer­den,  vor allem wenn nur ein Kor­rek­tor die Leis­tung bewertet.

Wei­te­re wich­ti­ge Güte­kri­te­ri­en sind unter ande­rem die Vali­di­tät und die Relia­bi­li­tät.

Lite­ra­tur

  •  Albert, Ruth & Marx, Nico­le (2014), Empi­ri­sches Arbei­ten in Lin­gu­is­tik und Sprach­lehr­for­schung. Anlei­tung zu quan­ti­ta­ti­ven Stu­di­en von der Pla­nungs­pha­se bis zum For­schungs­be­richt (2. über­ar­bei­te­te Auf­la­ge). Tübin­gen: Narr.
  • Grot­jahn, Rüdi­ger (2008), Tests und Test­auf­ga­ben: Merk­ma­le und Güte­kri­te­ri­en. In: Tesch, Bernd; Leu­pold, Eynar & Köl­ler, Olaf (Hrsg.), Bil­dungs­stan­dards Fran­zö­sisch: kon­kret. Sekun­dar­stu­fe I: Grund­la­gen, Auf­ga­benbei­spie­le und Unter­richts­an­re­gun­gen. Ber­lin: Cor­nel­sen, 149–186.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Orga­non-Modell

(Jörg Roche)

In der authen­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on besitzt das sprach­li­che Zei­chen immer meh­re­re unter­schied­li­che Funk­tio­nen: Eine Sen­der­funk­ti­on, eine Adres­sa­ten­funk­ti­on und eine Abbil­dungs­funk­ti­on der Gegen­stän­de und Sach­ver­hal­te. Büh­ler fass­te die­se Funk­tio­nen bereits 1934 in sei­nem ein­fluss­rei­chen Orga­non-Modell zusammen.

Abbil­dung: Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­dell nach Büh­ler 1934

Dem­nach reprä­sen­tiert das sprach­li­che Zei­chen (Spra­che) als Sym­bol Gegen­stän­de und Ereig­nis­se, kurz die Welt. Die­se Sym­bol­funk­ti­on ist aber nicht objek­tiv oder neu­tral gege­ben, son­dern geschieht als sub­jek­ti­ver Aus­druck der Per­spek­ti­ve eines Spre­chers oder Schrei­bers, kurz eines Sen­ders. Die­se ent­spricht nicht immer jener des Emp­fän­gers, bezie­hungs­wei­se die Per­spek­ti­ve des Adres­sa­ten wird vom Sen­der nicht immer gleich stark berück­sich­tigt. Spra­che kommt eigent­lich immer in die­ser Drei­ecks­kon­stel­la­ti­on vor. Selbst bei Ein­trä­gen in ein Tage­buch stel­len sich Schrei­ber einen rea­len oder fik­ti­ven Adres­sa­ten vor. Auch in lite­ra­ri­scher Spra­che gibt es Spre­cher bezie­hungs­wei­se Schrei­ber (Erzäh­ler, Lyri­sches Ich) und Adres­sa­ten (Publi­kum, Leser, Prot­ago­nis­ten). Authen­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on ist also nicht des­halb authen­tisch, weil sie all­täg­lich ist oder weil es laut ist, son­dern weil dort alle drei Bezü­ge nach Büh­lers Modell rea­li­siert sind. Aus dem glei­chen Grun­de stellt die lin­gu­is­ti­sche Prag­ma­tik, die Spra­che als Hand­lungs­sys­tem unter­sucht, die sprach­li­chen Struk­tu­ren (Dar­stel­lung) immer in Bezug zu Aus­drucks- und Appellfunktionen.

Lite­ra­tur

  • Büh­ler, Karl (1934/1999), Sprach­theo­rie. Die Dar­stel­lungs­funk­ti­on der Spra­che. Jena: G. Fischer.
  • Roche, Jörg (2013), Fremd­spra­che­n­er­werb, Fremd­spra­chen­di­dak­tik (2. Aufl.). Tübin­gen: Francke.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 5 Spra­chen­leh­ren der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Ori­go

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Unter Ori­go ver­steht man das räum­li­che und zeit­li­che Bezugs- und Ver­weis­sys­tem im Blick­feld eines Spre­chers, zum Bei­spiel die zeit­li­che Per­spek­ti­ve, die durch Tem­pus und Zeit­mar­kie­run­gen aus­ge­drückt wird (das „Hier und Jetzt“). In vie­len Kul­tu­ren wird Zeit als linea­rer (räum­li­cher) Vor­gang ver­stan­den, mit einem prä­sen­ti­schen Zen­trum (Sprech­zeit), von dem aus der Betrach­ter in sei­nem Bezugs­sys­tem (Ori­go) nach vor­ne und nach hin­ten in die Zeit schaut. Ande­re Kul­tu­ren orga­ni­sie­ren tem­po­ra­le Ereig­nis­se aller­dings auch vertikal.

Lite­ra­tur

  • Rad­den, Gün­ter (2011), Spa­cial time in the west and the east. In: Brdar, Mario; Oma­zic, Mari­ja; Takac, Vis­na Pavicic; Gra­de­cak-Erdel­jic, Tan­ja & Bul­jan, Gabri­je­la (Eds.), Space and Time in Lan­guage. Frank­furt et al.: Peter Lang, 1 — 40.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)