Lacuna
Dieser Begriff bezeichnet fehlendes Wissen von Fremdsprachenlernern über eine unmittelbare Entsprechung eines Konzeptes. Das heißt ihnen wird die metaphorische Bedeutung einer Zieldomäne nicht bewusst, weil sie keinen Zugang zur Quellendomäne haben. Die Konstruktion von Brücken zur Erschließung von Lakunen bezeichnet man als Lakunenfunktion.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
Die Lakunenfunktion bezeichnet die Konstruktion von Brücken zur Erschließung von Lakunen. Für Lerner, für die die metaphorische Bedeutung der Zieldomäne nicht transparent ist, weil ihnen die unmittelbare Entsprechung nicht bekannt ist, eignet sich oft der Rückgriff auf die physische Quellendomäne, um das Konzept der Metapher zu erschließen und zu vermitteln (zum Beispiel viel um die Ohren haben). Die Realität der Quellendomäne ist oft so nah an der lebensweltlichen Erfahrung der Lerner, dass sie durch diese nachvollziehbar wird.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Ulrich Zeuner)
Image of a Country
Den Begriff Landesbild findet man in einem überwiegend kognitiv ausgerichteten Ansatz der Landeskunde, dessen Inhalte vor allem Realien (zum Beispiel Haustypen in Deutschland; Landschaftsformen), Institutionen (zum Beispiel der deutsche Bundestag; Wahlsystem in Deutschland), Geschichte (das Potsdamer Abkommen; die „Wende” in der DDR) oder Kultur im traditionellen Begriff (Museen in Dresden; Goethe in Weimar ) sind. Lernziel einer so ausgerichteten Landeskunde ist die Aneignung von Wissen, von Fakten und Daten über ein Land.
Solche Landesbilder in der Landeskunde sind unter anderem deswegen problematisch, weil sie sehr leicht ideologisch beeinflusst werden können: Die Möglichkeit, dem eigenen Land durch die Auswahl entsprechender Fakten ein positives Image zu verleihen, ist hier besonders gut möglich.
Das Konzept ‚Landeskunde‘ wird von den modernen Kulturwissenschaften generell als problematisch angesehen (siehe Transdifferenz-Ansatz, Hermeneutik, integrative und interkulturelle oder transkulturelle Landeskunde).
Literatur
- Pauldrach, Andreas (1992), Eine unendliche Geschichte. Anmerkungen zur Situation der Landeskunde in den 90er Jahren. In: Fremdsprache Deutsch. Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts. München: Klett Verlag (Heft 6: Landeskunde), 4 – 15.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Enikő Öveges & Jörg Roche)
Curricula sind Lehrpläne, die den gesamten Wissensstoff abdecken, der im Unterricht (meist einer Schule) vermittelt werden soll. Dazu gehören die Ziele, die Mittel und die Evaluationskriterien. Curricula enthalten meist (1) die erzieherischen Ziele eines Bildungssystems und einer Schulart; (2) die Lehrprozesse, die Inhalte und die Lernerfahrungen, um diese Ziele zu erreichen und (3) die Möglichkeiten zur Beurteilung des Erreichens der vorab festgelegten Ziele. Die Curriculumtheorie befasst sich mit den Hauptelementen des Curriculums und mit den Prozessen, wie sie konzipiert, umgesetzt und beurteilt werden.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Die Leichte Sprache ist ein mehrstufiges, vergleichsweise strikt genormtes System sprachlicher, aber grammatisch korrekter Vereinfachungen für die barrierefreie Kommunikation. Sie schließt alle Ebenen der Sprache, inklusive der Aussprache und Orthographie sowie der graphischen Darstellung ein und basiert auf der Erkenntnis, dass die Forderung nach verständlichen Anleitungen eine neue Dimension erreicht hat, seit feststeht, dass in Deutschland 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in erwerbsfähigem Alter leben. Zwar geht es dieser Initiative nicht um den Spracherwerb oder die Wissenschaftssprache, aber die Problematik ist ähnlich: sprachliche Kompetenzen sind unabdingbar für das Navigieren durch Alltag, Beruf, Lehre und Forschung und werden über Phasen erworben, die den Prinzipien der Leichten Sprache in vielem ähneln. Finnland gilt als das Ursprungsland der „Leichten Sprache“. Dort existiert seit den 1970er Jahren „Selkokieli“. Der normative Ansatz der Leichten Sprache unterscheidet sich vom Ansatz der Verständlichen Sprache und anderen Versuchen, sprachliche Vereinfachungen je nach Kommunikationszweck pragmatisch an die Bedarfe der Gesprächspartner anzupassen.
Die Webseite des Netzwerkes „Leichte Sprache“ finden Sie unter folgendem Link: https://www.leichte-sprache.org/.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Learning Advisory
Die Lernberatung ist ein Prozess, in dem sich Lehrkräfte und Lerner datenbasiert darüber austauschen, welche Stärken und Schwächen (zum Beispiel in Form von bestimmten Lernstrategien) der Lerner mitbringt, wie er mit dem Lernstoff zurechtkommt und welche weiteren Maßnahmen für einen besseren Lernerfolg noch nötig sind. Lernberatung beinhaltet oft die gemeinsame Interpretation von unterschiedlichen Daten (Ergebnisse der Selbstevaluation, Testergebnisse, die Qualität von unterschiedlichen Lernprodukten) mit der Zielsetzung, dass die Lerner daraus die richtigen Konsequenzen ziehen können. Die Lernberatung spielt eine wichtige Rolle beim autonomen Lernen und ist ein unentbehrlicher Bestandteil der fördernden Bewertung.
Literatur
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Unter Lernerdisposition versteht man das Gesamt der Lernerfaktoren, Lernerinteressen und Lernereinstellungen, wie sie für den spezifischen Lernkontext relevant sind. Ein Lerner kann bei den gleichen Faktoren, der gleichen Lernaufgabe und der gleichen Lernsituation dennoch unterschiedliche Lernleistungen erbringen, zum Beispiel wenn er einen guten oder schlechten Tag hat oder unterschiedlich motiviert ist. Insofern ist Lernerdisposition zwar ein globaler Begriff, aber erfasst im Gegensatz zu Faktoren oder Motiven oder dem Konzept des Lerners als “Einzelgänger” auch den in einer bestimmten Lernsituation aktualisierten Zustand, eben die Disposition.
Lernerfaktoren sind dagegen einzelne, definierbare Elemente, die für das Sprachenlernen als wichtig erachtet werden, zum Beispiel Vorkenntnisse in Sprachen, Lerneignung, biologische Faktoren, affektive Faktoren etc. In neueren Modellen der Mehrsprachigkeit geht man davon aus, dass diese dynamisch miteinander interagieren, also eigentlich zu einer je spezifischen Disposition führen können. Wirklich messbar oder operationalisierbar ist diese bisher aber nicht. Dafür bedürfte es umfangreicher empirischer Untersuchungen.
(Agnes Einhorn)
Learning Outcomes
Lernergebnisse definieren, was Schüler und Schülerinnen am Ende einer Phase wissen oder können müssen/sollen. Die Verbreitung des Begriffs steht in engem Zusammenhang mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen (European Qualifications Framework: EQF), dessen Hauptanliegen die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Abschlüsse und Qualifikationen in der Europäischen Union ist. Lernergebnisse setzen eine viel weitere und differenziertere Auffassung von Lernzielen voraus, da sie nicht nur für den Bereich der Kenntnisse und der Kompetenzen formuliert werden, sondern auch für die Entwicklung der Lernerautonomie und der Strategien, der Einstellungen oder der Motivation der Lerner als gleichrangige Lernergebnisse gesehen werden können (Kennedy 2007). Die formative Bewertung geht mit einer starken Orientierung an den Lernergebnissen einher: Bei der Vorbereitung auf den Unterricht wird nämlich im Voraus festgelegt, welche Veränderungen die Lehrkraft durch ihren Unterricht bei den Lernern erreichen will, und alle Beteiligten reflektieren darüber, inwieweit das in der Tat realisiert wurde. Ein gutes Beispiel für die Formulierung von Lernergebnissen stellen die Niveaubeschreibungen (Deskriptoren) des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (Europarat 2001) dar.
Literatur
- Europarat, Rat für kulturelle Zusammenarbeit (2001), Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin u.a.: Langenscheidt.
- Kennedy, Declan (2007), Writing and Using Learning Outcomes. A Practical Guide. Quality Promotion Unit, UCC.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
Dieser Begriff kann zwei Arten von Grammatiken bezeichnen: zum einen Grammatiken, die für Lerner geschrieben wurden (auch didaktisierte Grammatiken), zum anderen die Grammatik, wie sie Lerner intern abbilden (Erwerbssequenzen, individuelle Regeln). Hier wird der Begriff als Bezeichnung der internen, sich entwickelnden Grammatik verwendet.
Learning Strategies
Lernstrategien sind zielgerichtete, bewusste und kontrollierbare hierarchiehöhere Prozesse beziehungsweise Handlungen. Darunter fallen kognitive Strategien, metakognitive Strategien, mnemonische oder gedächtnisunterstützende Strategien, kompensatorische Strategien, affektive Strategien, soziale Strategien, selbstmotivierende Strategien.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Learning Diary
Lerntagebücher sind Dokumente (oft in der Form von Lernblogs verfasst), in denen Schüler und Schülerinnen ihren Lernprozess reflektieren. Vorbereitete Vorlagen (zum Beispiel Fragebögen) helfen ihnen dabei, Probleme und Strategien beim Lernen wahrzunehmen und Schüler und Schülerinnen zu autonomerem Lernen zu befähigen. Die Schüler und Schülerinnen schreiben regelmäßig vorstrukturierte reflektierende Textsorten, zum Beispiel Zusammenfassungen, Stellungnahmen zum Lernprozess oder Bewertungen des eigenen Lernfortschrittes. Das Lerntagebuch ist also eine Dokumentation darüber, wie sich Schüler und Schülerinnen mit dem Lernstoff auseinandersetzen und mit welchen Methoden und Strategien sie lernen. Es dient vor allem der Selbstevaluation, aber es kann auch Lehrer und Lehrerinnen darüber informieren, was ihre Lerner beschäftigt und welche Probleme sie haben. Das Lerntagebuch kann auch Teil eines Lerner-Portfolios sein.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
Learning Techniques / Study Skills
Lerntechniken sind Einzelmaßnahmen beziehungsweise Teilhandlungen von Lernstrategien.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Catalogue of Learning Targets
Ein Lernzielkatalog beinhaltet Inhalte, Ziele und Ergebnisse des Lernprozesses. Er beschreibt detailliert, welchen Lerngewinn Schülerinnen und Schüler durch den Lernprozess erreichen können und sollen. Lernzielkataloge werden für einen Unterrichtsgegenstand, für ein Fach oder auch für eine vollständige Ausbildung formuliert. Lernzielkataloge können für eine Institution, aber auch für eine Gruppe und nur für eine Periode zusammengestellt werden. In einer Schule kann selbst der Prozess der Vereinbarung von Lernzielkatalogen , zu einer besseren Zusammenarbeit und zur Weiterentwicklung der Kompetenzen der Lehrpersonen führen. Außerdem bieten Lernzielkataloge den Ausgangspunkt zur Zusammenstellung von Klassentests, da durch diese die erwarteten Lernergebnisse detailliert formuliert werden können.
Literatur
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Marianne Hepp & Marina Foschi)
Reading Comprehension
Das Leseverstehen ist ein kognitiver Vorgang, der aus unterschiedlichen Phasen besteht: dem Lesen im Sinne der Wahrnehmung der im Text enthaltenen Wörter, Zeilen, Absätze etc. und dem Verstehen, als gestuftem Prozess der Sinnentnahme aus den syntaktischen, semantischen und pragmatischen Relationen zwischen Textteilen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Das Lexikalitätsprinzip ist ein Prinzip des handlungsorientierten Spracherwerbs, das besagt, dass Grammatik auf der Basis des Lexikons und damit auf der Basis von Bedeutungskonstruktion entsteht. Wortschatzerweiterung muss daher eine zentrale Stellung im Fremdsprachenunterricht einnehmen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Silva Ladewig)
Linear Structures
Lineare Strukturen bezeichnen die interne Struktur von Gesten und Gestenkombinationen (gestische Darstellungsweisen). Diese können verschiedene Komplexitätsgrade und hierarchische Muster gestischer Einheiten aufweisen. So können Gesten aus mehreren Phasen bestehen, wie beispielsweise aus der Vorbereitungsphase (preparation) und der bedeutungstragenden Phase (stroke), die unter dem Begriff der Gestenphrase (gesture phrase) zusammengefasst werden. Eine Gestenphrase und eine Rückzugsphase (retraction) ergeben nach Kendon (1980) eine Gesteneinheit (gesture unit). Nicht jede Geste muss aus diesen Phasen bestehen. Einzelne Phasen können fallen gelassen oder miteinander verbunden werden wie Bressem & Ladewig (2011) zeigen. Eine Geste besteht jedoch stets aus einem stroke, also einer bedeutungstragenden Phase. Ist diese nicht vorhanden, gibt es keine Geste. Nach Müller, Bressem & Ladewig (2013) können Gesten auch größere Strukturen bilden – so genannte Gestenszenarios. Hier werden aufeinanderfolgende Gesten durch eine mimetische Verbindung zusammengehalten. Das heißt, verschiedene Gesten sind aufeinander bezogen, da sie Facetten einer Situation oder eines Ereignisses darstellen.
Die Einteilung in Gestenphasen ist zur Untersuchung komplexer gestischer Einheiten wichtig, die an proto-syntaktische Strukturen erinnern wie beispielsweise Fricke (2012) zeigt, oder um den simultanen Gebrauch einer Geste und einer lexikalischen Einheit präzise bestimmen zu können.
Literatur
- Bressem, Jana & Ladewig, Silva H. (2011), Rethinking gesture phases – articulatory features of gestural movement? Semiotica 184: 1/4, 53–91.
- Fricke, Ellen (2012), Grammatik multimodal. Berlin: Mouton de Gruyter.
- Kendon, Adam (1980), Gesticulation and speech: two aspects of the process of utterance. In: Key, Mary R. (Hrg.), Nonverbal Communication and Language. The Hague: Mouton, 207–227.
- Müller, Cornelia, Bressem, Jana & Ladewig, Silva H. (2013), Towards a grammar of gesture: A form-based view. In: Müller, Cornelia; Cienki, Alan; Fricke, Ellen; Ladewig, Silva H.; McNeill, David & Tessendorf, Sedinha (Hrsg.), Body – Language – Communication. An International Handbook on Multimodality in Interaction (Handbooks of Linguistics and Communication Science 38). Berlin, Boston: De Gruyter Mouton, 707–733.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 2 Kognitive Linguistik der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Als Lingua Converta fungiert eine fremde Sprache, wenn sie als Amtssprache statt oder neben einer angestammten Sprache verwendet wird (zum Beispiel Englisch in Indien, Pakistan, Nigeria, Südafrika oder Französisch in vielen Ländern der Frankophonie). Damit wird vor allem die postkoloniale Mehrsprachigkeit vieler Länder bezeichnet. Ob und inwiefern sich eine Lingua Converta im Laufe der Zeit zu einer Lingua Culturae entwickelt oder mit einer solchen gleichberechtigt oder nur in bestimmten funktionalen Teilbereichen koexistiert (Diglossie), hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel markiert eine Lingua Converta aber eine unterschiedliche Perspektive auf Sachverhalte, Ereignisse oder Handlungen. Eine Lingua Converta kann auch Lingua Franca sein.
Literatur
- Pölzl, Ulrike (2006), Exploring the Third Space: Negotiating Culture in English as a Lingua Franca. Dissertation. Universität Wien.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
In der Lingua Culturae spiegelt sich die Sprachkultur einer Sprachgemeinschaft in direkter sprach-kulturtypischer Weise wider. Sie unterscheidet sich von der Lingua Converta und einer übergreifenden Lingua Franca. Eine Lingua Culturae wie Englisch kann für manche Sprecher Kultursprache und internationale Verkehrssprache zugleich sein, wird sich dabei aber je nach Gesprächspartnern und ‑situation unterscheiden.
Literatur
- Pölzl, Ulrike (2006), Exploring the Third Space: Negotiating Culture in English as a Lingua Franca. Dissertation. Universität Wien.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Als Lingua Franca bezeichnet man eine internationale Verkehrssprache, wie heute verbreitet das Englische. Im 18. Jahrhundert galt Lingua Franca noch als eine romanische Pidginsprache, heute bezeichnet sie gewohnheitsmäßig international gebrauchte, sprachübergreifende Sekundär- und Verkehrssprachen zwischen Sprechern und Sprecherinnen unterschiedlicher Sprachgemeinschaften. Sie ist selten einheitlich, sondern variiert mit jedem Sprecher oder jeder Sprecherin und dessen oder deren fachlichem und biographischem Hintergrund und ist situations- und zweckabhängig realisiert („Englishes“). Eine Lingua Franca kann auch eine Lingua Converta sein oder auch eine Lingua Culturae, unterscheidet sich aber meist von dieser in spezifischen Eigenschaften. Deutsch war lange eine wichtige Lingua Franca in den Wissenschaften und ist es bedingt heute noch in einigen. Auch das Arabische, Lateinische, Griechische, Französische und Russische haben lange in bestimmten Bereichen und Regionen als Lingua Franca fungiert.
Literatur
- Pölzl, Ulrike (2006), Exploring the Third Space: Negotiating Culture in English as a Lingua Franca. Dissertation. Wien: Universität Wien.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Linguistic Metaphor
Ursprünglich haben Lakoff & Johnson (1980) in ihrer konzeptuellen Metapherntheorie zwischen dem linguistischen Ausdruck der Metapher und der zugrunde liegenden konzeptuellen Metapher unterschieden: Eine linguistische Metapher ist die konkrete sprachliche Realisierung einer konzeptuellen Metapher. So werden konzeptuelle Metaphern in der Regel nicht verbalisiert und sind daher nicht sichtbar, stellen jedoch das konzeptuelle Grundgerüst für die Erschließung der linguistischen Metaphern dar. Der linguistischen Metapher Sie konnte in der Debatte um die Energiewende ihren Standpunkt schlagfertig verteidigen liegt beispielsweise die konzeptuelle Metapher EINE DISKUSSION IST EIN KRIEG zugrunde, auch wenn sie nicht explizit genannt wird.
Literatur
- Lakoff, George & Johnson, Mark (1980), Metaphors we live by. Chicago: The University of Chicago Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Gesine Lenore Schiewer)
Übersetzungen spielen für interkulturelle Literatur und Deutsch als Fremdsprache eine erhebliche Rolle. Sei es, dass deutschsprachige Texte im Fremdsprachenunterricht behandelt werden, in dem Lerner zumindest gelegentlich auf zweisprachige Wörterbücher oder vorliegende beziehungsweise eigene Übersetzungen zurückgreifen werden. Sei es, dass fremdsprachige und fremdkulturelle Texte ins Deutsche übersetzt werden, was zum Beispiel bei der Literatur von Autoren mit Migrationshintergrund vor allem der jeweils ersten Generation der Fall sein kann. Sei es, dass nicht-muttersprachliche Autoren in deutscher Sprache schreiben, wobei sie ihrerseits gelegentlich auf zweisprachige Wörterbücher zurückgreifen mögen oder ihre muttersprachlichen literarischen Traditionen – mehr oder weniger unterschwellig – in den deutschsprachigen Text einfließen können.
Die Einbindung von literarischen Übersetzungsaufgaben in den DaF-Unterricht kann insbesondere für den Umgang mit divergierenden Semantiken und Fragen von Sprachasymmetrien und Sprachmacht sensibilisieren.
Literatur
- Schiewer, Gesine Lenore (2011), Von der Literatursprache zu „Bücher(n), die ihren Lesern Tore öffnen“. Perspektiven der interkulturellen Literaturwissenschaft an der Schnittstelle von Translationswissenschaft und Wissenssoziologie, in: Deutsch als Fremdsprache und Literaturwissenschaft. Zugriffe, Themenfelder, Perspektiven, hg. von Michael Ewert, Renate Riedner & Simone Schiedermair, München: iudicium, 60–78.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Unter der Literaturdidaktik des Dialogs ist zu verstehen, sich auf das Abenteuer Sprache einzulassen. Im Dialog sind nicht nur Autorin/Autor und Leserin/Leser oder die Figuren im Text, sondern auch die am “Literaturbetrieb” Beteiligten: die Lehrkräfte und Lehrplanmacher, der Verlagsapparat, die Eltern und Freunde und die Umgebung. Es geht darum, Worte zu finden, diese miteinander zu verbinden und Sätze zu bilden, die einen Text ergeben. Die Einen tun sich damit leichter, den anderen fällt es schwerer, sich auszudrücken. Geschweige denn, das zu Papier zu bringen, was erzählend oft direkter und damit vermeintlich leichter klingen mag. Beiden Charakteren ist jedoch sicherlich (bewusst oder unbewusst) eine Erkenntnis gemeinsam, dass sie nämlich die Notwendigkeit erahnen oder um sie wissen, sich mitteilen zu müssen. Letzten Endes ist dies eine Freiheit, um Mensch bleiben zu dürfen und zu können. Das macht Sprache und Sprachvermittlung so spannend und einzigartig.
Wie viel Sprache bin ich? Wie viel Sprache trage ich nach außen? Wie viel Sprache(n) mehre ich in mir, indem ich in einen Dialog mit anderen trete? (Roche/Schiewer 2018, 7ff.).
Der Ansatz will Türen in die Wahrnehmung von Sprache und in die Auseinandersetzung um Sprache in Sprache öffnen. Erzählend, dichtend, klärend, nicht erklärend. Oft eigenwillig, niemals eigenbrötlerisch. Oft phantasiegeladen, niemals an den Haaren herbeigezogen. Manchmal direkt benennend, bisweilen in zärtlich-poetischer Annäherung an das, was zu sagen ist. Sprache schafft dort Sprache, wo sie ernst genommen wird. „Selbst in und mit jenen Texten, bei denen es nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, was es zu entdecken gilt. Auch das kann eine Faszination erzeugen. Rätselhaftes im Raum stehen zu lassen, ist der erste Schritt hin zur Poesie und diese zu begreifen. Indem sie angenommen wird als das, was sie ist. Eine andere, individuelle, äußerst eigene und eigenwillige Sicht auf die Dinge, die Verhältnisse, das Leben.“ (Roche/Schiewer 2018, 7ff.)
Konkrete Schreibanlässe führen zu konkreten Schreibversuchen. Texte und Textfragmente können daher dazu führen, eigene zu schreiben oder schreiben zu lassen. Unter dem thematischen Dach prickelnder Themen über die Familie oder einen Menschen, den man verloren hat und liebte; über einen Garten, der einem Geborgenheit und Zuflucht schenkt(e); oder über eine Reise, in der Menschen auf einen reagieren, weil das und jenes geschieht.
Literatur
- Roche, Jörg/Schiewer, Gesine Lenore (Hrsg.) (2017), Identitäten — Dialoge im Deutschunterricht. Schreiben – Lesen – Lernen – Lehren. Unter konzeptueller Assistenz und mit Originalbeiträgen von José F. A. Oliver, Zehra Cirak, Akos Doma und Michael Stavaric. Tübingen: Narr.
- Roche, Jörg/Schiewer, Gesine Lenore (Hrsg.) (2018), Emotionen – Dialoge im Deutschunterricht. Schreiben – Lesen – Lernen – Lehren. Unter konzeptueller Assistenz und mit Originalbeiträgen von José F.A. Oliver und Akos Doma. Tübingen: Narr.