high variety, low variety
Eine H-Varietät wird in einer Sprachgemeinschaft für formelle Zwecke in offiziellen Domänen verwendet und besitzt im Gegensatz zur L-Varietät ein höheres soziales Prestige. Eine L-Varietät wird in informellen Situationen wie zum Beispiel in der Familie oder in Gesprächen unter Freunden verwendet und besitzt im Gegensatz zur H-Varietät ein geringeres soziales Prestige. Ein Beispiel stellt die griechische Schriftsprache (Katharévusa) als H-Varietät und die griechische Volkssprache (Dhimotiki) als L-Varietät dar.
Literatur
- Riehl, Claudia Maria (2013), Sprachkontaktforschung. Eine Einführung (3., überarb. Aufl.). Tübingen: Narr.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
(Enikő Öveges & Jörg Roche)
Task-based and Competency-oriented Approach
Im handlungs- und kompetenzorientierten Ansatz des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen sind Sprachverwender und ‑verwenderinnen und Sprachenlerner soziale Akteure, die Aufgaben erfüllen und dafür passende Strategien aktivieren müssen, an Sprachaktivitäten und Sprachprozessen teilnehmen müssen, um Texte zu Themen aus bestimmten Bereichen zu erzeugen und zu empfangen. Sie greifen dafür auf ihr Kompetenzspektrum zurück, das sich wiederum aufgrund der Leistungen verbessert. Die neueste handlungsorientierte Sprachdidaktik geht über die kommunikative Didaktik und ihre Annahmen hinaus, indem sie sich systematisch auf die linguistische Pragmatik, die Lernforschung und die Erwerbsforschung bezieht und didaktisch dem Prinzip der vollständigen Handlung verpflichtet ist (vergleiche Szenariendidaktik, fallbasiertes Lernen).
Literatur
Roche, Jörg & Terrasi-Haufe, Elisabetta (2017), Handlungsbasierter Unterricht an beruflichen Schulen in Bayern. In: Efing, Christian & Kiefer, Karl-Hubert (Hrsg.), Sprachbezogene Curricula und Aufgaben in der beruflichen Bildung” “Wissen — Kompetenz — Text”. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, 71–90.
Roche, Jörg & Terrasi-Haufe, Elisabetta (2017), Focus on Handlung. Zu den Grundlagen einer handlungsorientierten Sprachdidaktik. In: Sigel, Richars & Inckemann, Elke (Hrsg.), Diagnose und Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund im Sprach- und Schrifterwerb. Theorien, Konzeptionen und Methoden in den Jahrgangsstufen 1 und 2 der Grundschule. Klinkhardt: Bad Heilbrunn, 35–50.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
Dieses Prinzip des handlungsorientierten Spracherwerbs besagt, dass Wörter und Grammatik als Handlungen verstanden werden.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
Secret Curriculum
Geheime Lehrpläne sind alternative Lehrpläne, die anstelle der offiziellen Verordnungen verwendet werden, weil diese nicht bekannt, verstanden oder unterstützt werden.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Hermeneutics in Language Pedagogy
Der hermeneutische Fremdsprachenunterricht richtet sich beim Sprachenlernen an der produktiven Normalität der Differenz beziehungsweise des Fremden aus und nutzt diese als Lernimpuls im Fremdsprachenunterricht. Neben der Normalität des Fremden bilden zwei weitere Prinzipien die Grundlagen dieses Ansatzes, nämlich die Grenzen und die Fragehaltung des (Fremd)Verstehens. Mit den Grenzen des Verstehens ist die Neigung gemeint, das jeweils unbekannte Fremde vor allem aus der Perspektive des Eigenen wahrzunehmen. Demnach führt das reine Erlernen einer Fremdsprache und fremdkultureller Elemente nicht automatisch zur Anerkennung des Fremden. Die Fragehaltung beim Fremdverstehen entwickelt sich ihrerseits aus dem Vorwissen des Lerners heraus. Bei der Begegnung mit einer fremden Wirklichkeit entsteht eine Differenz (in der Weltinterpretation und Lebensgestaltung), die Fragen seitens des Lernenden auslöst. Der hermeneutische Fremdsprachenunterricht hat daher nicht die Wiedergabe von bereits erfolgtem Input als Ziel, sondern die Erweiterung der Wahrnehmung des Fremden durch Fragen im Dialog oder Gruppengespräch.
Siehe auch interkulturelle Hermeneutik und Transdifferenz-Ansatz.
Literatur
- Hunfeld, Hans (2004), Fremdheit als Lernimpuls. Skeptische Hermeneutik, Normalität des Fremden, Fremdsprache Literatur. Meran & Klagenfurt: Drava/Alpha beta.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)
Als Heterostereotype werden Stereotypen über eine andere Kultur bezeichnet. Der Begriff steht im Gegensatz zum Autostereotyp.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Mark Webber)
Heuristic
Das Wort heuristisch kommt von einem altgriechischen Verb und bezeichnet den Prozess des Findens, Erfindens, Entdeckens. Heutzutage verwendet man Heuristiken im Sinne von hilfreichen Strategien, um „Entscheidungen zu treffen und Urteile zu fällen“ (Michalkiewicz 2015). Vom neunzehnten bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein aber verstand man unter dem Begriff heuristisch erkenntnisfördernde Denkprozesse (Gigerenzer 1997). Heuristische Metaphern helfen uns, Dinge in ein neues Licht zu stellen und sie dadurch anders und hoffentlich besser zu verstehen.
Der Schriftsteller Franz Kafka (1883–1824) schreibt 1904: „Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ In dieser Forderung stellt sich Kafka ein Buch als eine Axt und einen psychologischen Zustand als ein zugefrorenes Meer vor. Die prägnante und einmalige Metapher beschreibt einen heuristischen Prozess des Sichtbarmachens und Mobilisierens sonst untergetauchter und festgefahrener Emotionen und Ideen. Gleichzeitig will die Metapher durch ihren Überraschungseffekt diese Erkenntnisse fördern, sogar provozieren.
Literatur
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
Holophrasis
Holophrasen sind Einwortäußerungen, das heißt Wörter, die den Inhalt eines ganzen Satzes ausdrücken.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Gesine Lenore Schiewer & Jörg Roche)
‘fusion of horizons’
In der Tradition von Bubers Grundausrichtung der Dialogphilosophie steht im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts die dialogische Hermeneutik Hans-Georg Gadamers mit der besonderen Berücksichtigung von Prozessen des Verstehens und angemessenen Deutens. Später nimmt sich, vor allem in Bezug auf die interkulturelle Kommunikation, die interkulturelle Literaturwissenschaft und die interkulturelle Sprachdidaktik, auch die interkulturelle Hermeneutik dieser Problematik an, indem sie das ‚Fremdverstehen‘ als einen dialektischen – und damit dialogischen – Prozess zwischen Kulturen zu fassen versucht, statt ihn als historischen Prozess wie in der Hermeneutik zu betrachten. Es geht dabei, wie Charles Taylor es im Anschluss an Gadamer nennt, um eine Horizontverschmelzung (‚fusion of horizons‘) aus eigenen und fremden Horizontkomponenten. In diesem Prozess bilden sich modifizierte Positionen der Wahrnehmung des Eigenen durch das Fremde und der Wahrnehmung des Fremden durch das Eigene. Die daraus entstehenden Positionen sind gesellschaftlichen Normen, individuellen Dispositionen und der Interaktion aus beiden geschuldet. Begriffe wie ‚Perspektivenwechsel‘, ‚das Eigene und das Fremde‘, ‚interkulturell‘ oder auch ‚der dritte Raum‘ (Bhabha) sind diesem Ansatz verpflichtet.
Literatur
- Taylor, Charles (1992), Multiculturalism and the Politics of Recognition. An Essay. Princeton: Princeton University Press.
- Roche, Jörg (2001), Interkulturelle Sprachdidaktik. Eine Einführung. Tübingen: Narr.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Hybrid Metaphor
Hybride Metaphern stellen eine Unterart der piktorialen Metaphern dar. Sie schaffen durch die piktoriale Zusammensetzung von Quellen- und Zieldomänen in einer gemeinsamen Gestalt eine neue, hybride Gestalt, die es in der Realität nicht gibt. Zum Beispiel wird ein Atomkraftkanister mit Beinen versehen, um den Ausdruck der Atomkraft Beine machen zu verbildlichen.
Literatur
- Forceville, Charles (2008), Metaphor in pictures and multimodal representations. In: Gibbs, Raymond W. Jr. (Ed.), The Cambridge Handbook of Metaphor and Thought. Cambridge: Cambridge University Press, 462–482.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Ruth Albert)
Hypothesis
Hypothesen stellen in der Regel die aus der Forschungsliteratur abgeleiteten Grundlagen von empirischen Untersuchungen dar, da diese die Hypothesen bestätigen oder widerlegen (falsifizieren) sollen. Die Form einer Hypothese entspricht der eines Aussagesatzes, nicht der einer Frage. Die Forschungsfrage „Ist Vokabellernen mit Karteikarten effektiver als Vokabellernen mit dem Vokabelheft?“ müsste beispielsweise als Hypothese formuliert heißen: „Vokabellernen mit Karteikarten ist effektiver als Vokabellernen mit dem Vokabelheft“ oder „Vokabellernen mit Karteikarten ist weniger effektiv als Vokabellernen mit dem Vokabelheft“.
Literatur
- Albert, Ruth & Marx, Nicole (2014), Empirisches Arbeiten in Linguistik und Sprachlehrforschung. Anleitung zu quantitativen Studien von der Planungsphase bis zum Forschungsbericht (2. überarbeitete Auflage). Tübingen: Narr.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)