(Agnes Einhorn)
Bei diesem Verfahren werden die in Online-Spielen verwendeten Strukturen und die ihnen zugrundeliegende Logik in einem pädagogischen Kontext umgesetzt. Der Unterricht wird für einen abgestimmten Zeitraum nach den Regeln der Online-Spiele organisiert: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen bekommen unterschiedliche Aufgaben zugeteilt oder entwickeln sie selbst. Sie sammeln dadurch zum Beispiel Punkte, die gewisse Vorteile mit sich bringen, oder sie führen einfach sinnvolle Aufgaben in Form von Spielen durch (Serious Games). Aktivitäten innerhalb und außerhalb des Unterrichts werden von Schülern und Schülerinnen durchgeführt und auf Grund der vereinbarten „Spielregeln“ bewertet. Da diese Methode eine prozessorientierte Bewertung ermöglicht, wird sie oft im Rahmen der formativen Bewertung eingesetzt.
(Mehr zu diesem Thema in den Modulen 6 Unterrichtsmanagement und 9 Medien der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Usage Based Approach
Im Unterschied zum Strukturalismus beschreiben die gebrauchsbasierten Ansätze Sprache in Bezug auf den kommunikativen oder sozialen Kontext ihrer Verwendung. Das Sprachwissen eines Sprechers entsteht und verändert sich in konkreten Sprachsituationen. Eine Unterscheidung zwischen Sprachwissen und dem Wissen um die Verwendung von Sprache ist hinfällig (Kompetenz und Performanz in generativen Ansätzen, „Sprachbewusstheit“ in der Didaktik).
Gebrauchsbasierte Ansätze gehen davon aus, dass Sprachen erst durch ihren aktuellen Gebrauch in konkreten Situationen, also sprachliches Handeln, und durch allgemeine Lernmechanismen wie Generalisierung, Analogiebildung, Schematisierung etc. schrittweise erworben werden. Damit distanzieren sich gebrauchsbasierte Ansätze von der Annahme einer angeborenen Grammatik, denn die Etablierung von Strukturen der Sprache setzt eine intensive Analyse authentischer Äußerungen aus dem Input voraus. Das kognitionslinguistische Konzept von Gebrauchsbasiertheit bildet eine natürliche Allianz mit dem kognitionsdidaktischen der Handlungsorientierung.
Literatur
- Evans, Vyvyan (2012), Cognitive linguistics. Wiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science 3: 2, 129–141.
- Langacker, Ronald W. (2009), A dynamic view of usage and language acquisition. Cognitive Linguistics 20: 3, 628.
- Tomasello, Michael (2003), Constructing a Language. A Usage-Based Theory of Language Acquisition. Cambridge, Mass: Harvard University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Ruth Albert & Patricia Boos )
Scope
Der Geltungsbereich einer empirischen Untersuchung ist der Bereich, über den diese Aussagen machen kann. Führt man beispielsweise eine Befragung über die Akzeptanz von literarischen Texten im Unterricht durch, wäre der Geltungsbereich „die Klasse 5b des Schiller-Gymnasiums in Rottweil“, wenn nur die Schülerinnen und Schüler dieser Klasse (oder sogar nur ein gut ausgewählter Teil dieser Klasse) befragt wurden. Um bei empirischen Untersuchungen einen möglichst großen Geltungsbereich zu erreichen, der Aussagekraft über eine größere Grundgesamtheit besitzt (im obigen Beispiel etwa alle Klassen der fünften Jahrgangsstufe in Berlin oder in ganz Deutschland), bedarf es einer möglichst repräsentativen Stichprobe. Wie groß eine Stichprobe sein kann, hängt dabei auch von der zur Verfügung stehenden Zeit und den bereitgestellten Geldmitteln ab.
Literatur
- Albert, Ruth & Marx, Nicole (2014), Empirisches Arbeiten in Linguistik und Sprachlehrforschung. Anleitung zu quantitativen Studien von der Planungsphase bis zum Forschungsbericht (2. überarbeitete Auflage). Tübingen: Narr.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm)
Genres sind spezialisierte Formen des Diskurses (beispielsweise in Literatur, Kunst, Theater und Musik), die bestimmten Traditionen, Konventionen und Erwartungen entsprechen. Zentrale Aspekte sind dabei, dass Genres immer in spezifische soziale Situationen eingebettet sind (beispielsweise Kriegsfilme, Krimis). Es handelt sich um sprachliche Ausprägungen, die eine spezifische, festgelegte Form haben, mit einer bestimmten Bezeichnung versehen sind und spezifische Charakteristika beinhalten, die sie strukturieren und von anderen abgrenzen. Dazu zählen zum Beispiel eine bestimmte Örtlichkeit, in der das Genre Anwendung findet, Personen, die daran beteiligt sind, ein spezielles Medium usw. Genres werden einerseits von Aspekten wie der sozialen Situation, dem Kommunikationsziel, der medialen Form und der Art der sozialen Interaktion bestimmt, andererseits gründet sich auf ihnen auch die Art, wie kommuniziert und interagiert wird.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Mark Webber)
Die German Studies Association (GSA) ist ein internationaler wissenschaftlicher Verband mit Sitz in den USA. Das Hauptinteresse der 1976 gegründeten GSA sind Forschung und Lehre über deutschsprachige Kulturen in Geschichte und Gegenwart. Mitglieder der GSA beschäftigen sich (auch interdisziplinär) mit der Geschichte, Politik, Literatur und Kultur von Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch von deutschsprachigen Regionen und Individuen weltweit. Die GSA ist Herausgeberin einer wissenschaftlichen Zeitschrift (German Studies Review) und veranstaltet einen jährlichen wissenschaftlichen Kongress. Außerdem beschäftigen sich Gremien der GSA unter anderem mit theoretischen und curricularen Fragen der German Studies.
Zum Hintergrund und zu den Aufgaben und Tätigkeiten der GSA siehe deren Webseite: https://www.thegsa.org/
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Mark Webber)
Germanophone
Das ursprünglich griechische Suffix -phon bedeutet ‚sprachig’. Germanophone sind also deutschsprachige Menschen. Häufig wird der Begriff dort eingesetzt, wo mehrere Sprachgemeinschaften nebeneinander bestehen. In Teilen Frankreichs gibt es beispielsweise germanophone und frankophone (französischsprachige) Gruppen. Spricht man von der weltweiten Gemeinschaft einer Sprachgruppe, kann man das Suffix -phonie benutzen. Dabei kann ein sowohl politischer als auch soziologischer Begriff entstehen.
Zur Germanophonie gehörig wären demnach sowohl alle Staaten „mit vollständig oder partiell etablierter deutscher Sprachtradition“ (Klocke 2013), als auch selbstverständlich die, in denen Deutsch eine offizielle Sprache ist. Im Falle der Frankophonie gibt es sogar eine auf der kolonialen Geschichte Frankreichs basierende Organisation (https://www.francophonie.org/), die für sich beansprucht, die weltweiten Interessen von Frankophonen zu vertreten.
Literatur
- Klocke, Sonja E. (2013), Kosmopolitische ‘Germanophonie’. Postnationale Perspektiven in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur herausgegeben von Christine Meyer (review). Monatshefte105: 4, 741–744 [Online unter https://muse.jhu.edu/article/536836 14. August 2018].
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Silva Ladewig)
Gestural Modes of Representation
Gestische Darstellungsweisen nach Müller (1998, 2014) bezeichnen die Techniken, mithilfe derer Bewegungen der Hände und Arme zu kommunikativen Zeichen werden. Es werden vier Techniken der Gestenherstellung unterschieden. Diese sind Agieren, Modellieren, Zeichnen und Repräsentieren. Beim Agieren tun die Hände so, als würden sie eine Handlung nachahmen, wie beispielsweise ein Fenster öffnen, ein Glas zum Mund führen oder einen Schlüssel herumdrehen. Beim Modellieren wird die Gestalt eines Objekts in seiner Dreidimensionalität in der Luft geformt. Beim Zeichnen werden die Umrisse eines Objektes zweidimensional in der Luft nachgebildet, häufig mittels des Zeigefingers. Beim Repräsentieren wird die gesamte Hand zu einem Objekt, wie zum Beispiel, die flache Hand, die die Gestalt eines Fensters verkörpert oder der Zeigefinger, der eine Zahnbürste darstellt.
Literatur
- Müller, Cornelia (1998), Redebegleitende Gesten: Kulturgeschichte, Theorie, Sprachvergleich. Berlin: Arno Spitz.
- Müller, Cornelia (2014), Gestural modes of representation as techniques of depiction, Body–language–communication: An international handbook on multimodality in human interaction (Vol. 2; Handbooks of Linguistics and Communication Science 38). Berlin, Boston: Mouton de Gruyter, 1687–1702.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 2 Kognitive Linguistik der Multilingua Akademie)
(Silva Ladewig)
Global-Synthetic Meaning
Der Terminus Gobal-Synthetische Bedeutungsvermittlung drückt die in der modernen Gestikforschung weit verbreitete Annahme aus, dass Gesten eine ganzheitliche Gestalt bilden, in der sich die Bedeutung ihrer einzelnen Teile, wie etwa Handform, Orientierung der Handinnenfläche, Bewegung oder Position im Gestenraum, über die Bedeutung der gesamten Gestalt vermittelt (global, McNeill 1992, Kap. 1) und nicht analytisch aus der Summe der einzelnen Teile. Zudem können sich mehr als ein Bedeutungsaspekt in einer einzigen Geste vereinen. Dieser Aspekt wird unter dem Begriff „synthetisch“ gefasst (ebd.). Als Beispiel dienen der nach unten gerichtete Zeige- und Mittelfinger, die beide abwechselnd nach vorn und zurück bewegt werden, um das Laufen einer Person darzustellen. Laut McNeill wissen wir, dass das Bewegungsmuster der Geste die Aktivität des Laufens darstellt, da wir die Gesamtbedeutung der Geste –laufende Person– kennen. Diese setzt sich nicht analytisch wie folgt zusammen:
- Zeige+Mittelfinger = Beine einer Person
- Orientierung nach unten = Beine sind auf dem Boden und nicht in der Luft
- Bewegung der Geste = Bewegung der Beine
Die Geste wird außerdem als synthetisch kategorisiert, da sie verschiedene Bedeutungselemente vereint. Diese sind, je nach Kontext, „er/sie + laufen + auf dem Boden / einen Weg entlang“.
Mit diesem Terminus geht eine psychologische Perspektive auf gestische Bedeutungskonstitution einher, da McNeil annimmt, Gesten verkörperten bildliches Denken und eröffneten so ein ‚Fenster zum Geist‘. (Kognitiv-)Linguistische Ansätze der modernen Gestenforschung vertreten jedoch auch die Annahme, dass sich gestische Bedeutung partiell aus der Kombination der eben genannten Formparameter speisen kann. So zeigen bspw. Calbris (2011), Ladewig & Bressem (2013) oder Müller (2018), dass einzelne Formparamter semantisiert werden und so in Konventionalisierungsprozesse eintreten können. Hier zeigt sich das Sprachpotenzial von Gesten, d.h. ihre Fähigkeit, sich zu Gebärdensprachen zu entwickeln (Sprachliches Potenzial). Konventionalisierungsprozesse werden von McNeill’s Theorie hingegen nicht erfasst.
Literatur
- Calbris, Geneviève (2011), Elements of meaning in gesture. Amsterdam: John Benjamins Publishing Company.
- Ladewig, Silva H. & Bressem, Jana (2013), New insights into the medium hand – Discovering Structures in gestures based on the four parameters of sign language, Semiotica 197, 203–231.
- McNeill, David (1992), Hand and mind. What gestures reveal about thought. Chicago: University of Chicago Press.
- Müller, Cornelia (2018), How recurrent gestures mean: Conventionalized contexts-of-use and embodied motivation. In: Elisabeth Wehling & Eve Sweetser (Hrsg.), Special issue of the journal Gesture on ‚Gesture Pragmatics’. 278–306.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 2 Kognitive Linguistik der Multilingua Akademie)