Dar­stel­lungs­for­men

(San­dra Drumm)

Pre­sen­ta­ti­on Forms

Dar­stel­lungs­for­men bezeich­nen die Mög­lich­kei­ten, im Rah­men von Unter­richt Sach­ver­hal­te zu ver­mit­teln. Sie rei­chen vom Bereich der non­ver­ba­len Spra­che, bei der kon­kre­te Gegen­stän­de prä­sen­tiert wer­den, bis zur abs­trak­tes­ten Ebe­ne der mathe­ma­ti­schen Spra­che, in der der­sel­be Sach­ver­halt ledig­lich über abs­trak­te Sym­bo­le dar­ge­stellt wird. Auf der mitt­le­ren Abs­trak­ti­ons­ebe­ne steht die ver­ba­le Spra­che. Auf der visu­ell-sym­bo­li­schen Ebe­ne sind Struk­tur­dia­gram­me, Gra­fen, Tabel­len und ande­re For­men der Visua­li­sie­rung angesiedelt.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Das Euro­päi­sche Sprachenportfolio

(Eni­kő Öveges)

The Euro­pean Lan­guages Port­fo­lio

Das Euro­päi­sche Spra­chen­port­fo­lio ist ein wich­ti­ges Werk­zeug zur Ein­füh­rung des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­mens im Unter­richt ist das Euro­päi­sche Spra­chen­port­fo­lio (https://www.coe.int/en/web/portfolio). Es umfasst eine Samm­lung der for­ma­len und infor­mel­len Sprach­lern­erfah­run­gen des Ein­zel­nen mit drei Haupt­kom­po­nen­ten: (1) Spra­chen­pass: ein Über­blick zur Sprach­kom­pe­tenz (Fähig­kei­ten, for­ma­le Qua­li­fi­ka­tio­nen, Beur­tei­lung), (2) Spra­chen­bio­gra­phie: die Refle­xio­nen des Ler­ners über den und die Bewer­tung des Sprach­lern­pro­zes­ses und der Erfah­run­gen, (3) Dos­sier: Auf­zeich­nun­gen zur Doku­men­ta­ti­on der Erfol­ge und Erfah­run­gen aus (1) und (2). Das Euro­päi­sche Spra­chen­port­fo­lio wur­de zu meh­re­ren Ver­sio­nen für die unter­schied­li­chen Alters­grup­pen der Spra­chen­ler­ner wei­ter­ent­wi­ckelt: für jun­ge Ler­ner, Schul­kin­der und Erwach­se­ne. Es dient zwei Zwe­cken: Einer­seits soll es den Ler­nern dazu ver­hel­fen, den eige­nen Sprach­lern­hin­ter­grund zu doku­men­tie­ren, und ande­rer­seits die Sprach­re­fle­xi­on und ‑bewusst­heit und damit auch die Ver­ant­wor­tung und das Enga­ge­ment des Ler­ners für die eige­ne Sprach­ent­wick­lung zu stei­gern. Das Euro­päi­sche Spra­chen­port­fo­lio nutzt die Niveau­stu­fen und die deskrip­ti­ven Ska­len des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­mens. Die Port­fo­lios wur­den in den ver­schie­de­nen Län­dern auf Basis der all­ge­mei­nen Struk­tur ent­wi­ckelt, die vom Euro­pa­rat fest­ge­legt wur­de; Anlei­tungs­do­ku­men­te unter­stüt­zen ihre Nut­zung (McLag­an 2006). Das Euro­pean Cent­re for Modern Lan­guages (ECML) hat eine spe­zi­el­le Sei­te für Lehr­kräf­te ver­öf­fent­licht, die die­se Stu­fen erklärt (http://elp.ecml.at/).

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

De-Chun­king

(Sabi­ne De Knop & Jörg Roche)

Als De-Chun­king bezeich­net man den Zer­tei­lungs­pro­zess von Chunks oder Kon­struk­tio­nen. Zum Erwerb der gram­ma­ti­schen Zusam­men­hän­ge von Chunks (dem Auf­spü­ren von rekur­ren­ten gram­ma­ti­schen Struk­tu­ren) ist eine Ana­ly­se der ein­zel­nen Ele­men­te, das De-Chun­king, nötig.
Die bewuss­te oder unbe­wuss­te Ana­ly­se der Zusam­men­hän­ge der Chunk-Ele­men­te ist die Grund­la­ge für sprach­li­che Bewusstheit.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Deduk­ti­vis­mus (Deduk­ti­on) / Induk­ti­vis­mus (Induk­ti­on)

(Nico­le Marx & Patri­cia Boos)

Deduc­ti­vism / Inductivism

Der Deduk­ti­vis­mus ist eine wis­sen­schafts­theo­re­ti­sche Hal­tung, die davon aus­geht, dass neue Erkennt­nis durch logi­sche Deduk­ti­on gewon­nen wird. Es  wird  über­prüft, ob eine bereits auf­ge­stell­te Gesetz­mä­ßig­keit (eine gene­rier­te Hypo­the­se, oder eine all­ge­mein akzep­tier­te Erkennt­nis) in der geäu­ßer­ten Form auf alle Ein­zel­fäl­le zutrifft  und somit als „Fakt“ gel­ten kann (Man geht vom All­ge­mei­nen zum Beson­de­ren). Der Induk­ti­vis­mus ist hin­ge­gen eine Wis­sen­schafts­theo­rie, der zufol­ge Wis­sen durch Induk­ti­on gene­riert wird. Bei der Beob­ach­tung von Ein­zel­fäl­len wer­den Regel­mä­ßig­kei­ten und Zusam­men­hän­ge ent­deckt und die­se als Basis für (zu über­prü­fen­des) Wis­sen ver­wen­det (Man geht vom Ein­zel­nen zum Allgemeinen).

Fol­gen­des Bei­spiel illus­triert die deduk­ti­ve (auch: deduktiv‑nomologisch genann­te) Vorgehensweise:

  1. Eigen­na­men schreibt man im Deut­schen mit einer Majuskel.
  2. Hans Mül­ler ist ein Eigenname.

Logi­sche Ablei­tung aus 1) und 2): Hans Mül­ler schreibt man mit Majus­kel. Das funk­tio­niert natür­lich nur, wenn man davon aus­geht, dass die ers­ten bei­den Aus­sa­gen kor­rekt sind – auch wenn sie es nicht sind. Genau­so funk­tio­niert: (1) Eigen­na­men schreibt man klein. (2) Anna Fischer ist ein Eigen­na­me. (3) anna fischer schreibt man klein.

Die Gesetz­mä­ßig­keit (die Ant­wort) liegt bereits vor (Eigen­na­men schreibt man groß). Sie wur­de ratio­na­lis­tisch durch einen logi­schen Schluss aus Prä­mis­sen abge­lei­tet (eben­falls deduk­tiv). Davon aus­ge­hend kann man kate­go­ri­sie­ren und über­prü­fen (zum Bei­spiel durch das Sam­meln und quan­ti­ta­ti­ve Aus­wer­ten von Daten­ma­te­ri­al), ob die­ses Gesetz immer stimmt, oder ob es auch Aus­nah­men gibt (zum Bei­spiel Anna von Mus­ter­mann).

Deduk­ti­on (hypo­the­sentes­tend) und Induk­ti­on (hypo­the­senge­ne­rie­rend) fun­gie­ren jedoch nicht in Abwe­sen­heit von­ein­an­der, son­dern sind viel­mehr kom­ple­men­tär im Sin­ne von sich gegen­sei­tig unter­stüt­zend. Durch die empi­ri­sche Beob­ach­tung von Ein­zel­fäl­len kön­nen Zusam­men­hän­ge ent­deckt und induk­tiv Hypo­the­sen auf­ge­stellt wer­den, die dann durch eine deduk­ti­ve Her­an­ge­hens­wei­se getes­tet und gerecht­fer­tigt wer­den. Dies führt wie­der­um zu wei­te­ren Vor­her­sa­gen und wei­te­ren Aus­wir­kun­gen auf die von For­schern und For­sche­rin­nen ent­wi­ckel­ten Ant­wor­ten auf die Forschungsfragen.

Sucht man eine Ant­wort auf eine For­schungs­fra­ge, die bis­her nicht behan­delt wur­de, muss man zunächst induk­tiv vor­ge­hen, um Hypo­the­sen zu erhalten.

In der Sprach­lehr- und –lern­for­schung ist dies sel­te­ner der Fall. Meist wird eine deduk­ti­ve Her­an­ge­hens­wei­se ver­folgt, bei der Annah­men, die in bereits bestehen­de Hypo­the­sen oder Theo­rien ein­ge­bet­tet sind, bestä­tigt oder ver­wor­fen wer­den sol­len. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass auf Grund von spe­zi­fi­schen Aus­rich­tun­gen des For­schungs­de­signs oder der Ergeb­nis­in­ter­pre­ta­ti­on die bereits auf­ge­stell­ten Hypo­the­sen des For­schers oder der For­sche­rin kaum abge­lehnt wer­den. Dies kann beson­ders dann pas­sie­ren, wenn inner­halb einer spe­zi­fi­schen Theo­rie oder eines spe­zi­fi­schen (Lern-)Modells gear­bei­tet wird, da ein gestei­ger­tes Inter­es­se dar­an besteht, die bevor­zug­ten Theo­rien zu verifizieren.

Der Deduk­ti­vis­mus  wird oft (aller­dings nicht immer berech­tigt) mit quan­ti­ta­ti­ver For­schung gleich­ge­setzt, der Induk­ti­vis­mus ana­log häu­fig mit qua­li­ta­ti­ver For­schung.

Lite­ra­tur

  • Eng­fer, Hans Jür­gen (1996), Empi­ris­mus ver­sus Ratio­na­lis­mus? Kri­tik eines phi­lo­so­phie­ge­schicht­li­chen Sche­mas. Pader­born: Schöningh.
  • Pop­per, Karl (1963/1994), Ver­mu­tun­gen und Wider­le­gun­gen. Das Wachs­tum der wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis. Tübin­gen: Mohr Siebeck.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Dei­xis

(Fer­ran Suñer Muñoz & Jörg Roche)

Unter Dei­xis ver­steht man in der Sprach­wis­sen­schaft ein zeit­li­ches, räum­li­ches und per­so­nen­be­zo­ge­nes Ver­weis­sys­tem. Mit­hil­fe von deik­ti­schen Aus­drü­cken wie zum Bei­spiel jetzt, ges­tern, hier, da, dort ich, du wird in einem kon­kre­ten Kon­text auf Per­so­nen, Orte oder Zei­ten ver­wie­sen. Deik­ti­sche Ele­men­te sind poly­sem, weil sie sich auf unend­lich vie­le Refe­ren­ten bezie­hen können.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Dekon­struk­ti­on

(Gesi­ne Len­ore Schiewer)

Decon­s­truc­tion

Unter den unter­schied­li­chen kul­tur­theo­re­ti­schen Rich­tun­gen gibt es post­struk­tu­ra­lis­ti­sche Ori­en­tie­run­gen. Sie zie­len mit dem von Jac­ques Der­ri­da gepräg­ten Begriff der Dekon­struk­ti­on  im Bereich der Seman­tik auf frei fluk­tu­ie­ren­de Bedeu­tun­gen ab. Hier wird die Mög­lich­keit, sprach­li­che Seman­tik über­haupt ein­deu­tig zu fixie­ren, in Fra­ge gestellt. Es geht statt­des­sen um varia­ble Bedeu­tungs­zu­schrei­bun­gen; die Pro­ble­me die­ses Den­kens für das Fach Deutsch als Fremd­spra­che hat zum Bei­spiel Claus Alt­may­er beschrie­ben (ver­glei­che Alt­may­er 2004). Bei die­ser zwei­ten Strö­mung han­delt es sich um einen sehr spe­zi­fi­schen Stand­punkt: Es han­delt sich um eine sich Ver­bind­lich­kei­ten ent­zie­hen­de, poly­se­me Auf­fas­sung von Bedeu­tung, bei der die sozia­le Ver­bind­lich­keit kom­mu­ni­ka­ti­ven Han­delns ver­nach­läs­sigt wird. Kul­tur­über­grei­fen­der Aus­tausch wird somit aus­ge­klam­mert, da im Grun­de genom­men über­haupt jeder fes­te Bedeu­tungs­be­zug in Fra­ge gestellt wird. Die­ser auf Dif­fe­renz ange­leg­te Ansatz legt daher die Inkom­men­su­ra­bi­li­tät – oder Unver­gleich­bar­keit – ver­schie­de­ner Kul­tu­ren nahe.

Lite­ra­tur

  • Alt­may­er, Claus (2004), Kul­tur als Hyper­text. Zu Theo­rie und Pra­xis der Kul­tur­wis­sen­schaft im Fach Deutsch als Fremd­spra­che. Mün­chen: iudicium.
  • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2015), Die Noma­di­sie­rung der Moder­ne (Ilja Tro­ja­now) als sprach­poe­ti­sches Pro­gramm. Inter­kul­tu­rel­le Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und Fremd­spra­chen­un­ter­richt am Bei­spiel von ‚Cha­mis­so-Lite­ra­tur’. In: IDT 2013, Bd. 1, Haupt­vor­trä­ge, hg. von Hans Drumbl und Anto­nie Hor­nung. Bozen: bu,press, 149–171.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Der Gemein­sa­me Euro­päi­sche Refe­renz­rah­men für Spra­chen (GER)

(Eni­kő Öve­ges & Jörg Roche)

The Com­mon Euro­pean Frame­work for Languages

Der GER ist eine vom Euro­pa­rat her­aus­ge­ge­be­ne Richt­li­ni­en­samm­lung, die alle Aspek­te des Spra­chen­un­ter­richts wider­spie­geln und wie­der­ge­ben soll, um so eine gemein­sa­me Basis zur Ver­bes­se­rung der Aus­ge­stal­tung natio­na­ler Spra­chen­po­li­ti­ken und eine Ver­gleich­bar­keit der Kom­pe­tenzanfor­de­run­gen in ver­schie­de­nen Spra­chen zu schaf­fen. Er setzt den frü­he­ren „Thres­hold-Level-Ansatz“ des Euro­pa­ra­tes fort und zeigt vie­le Ähn­lich­kei­ten zum Pro­fi­ci­en­cy-Ansatz der US-Regierung.

Eines der Haupt­zie­le des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­mens für Spra­chen ist daher die Defi­ni­ti­on eines Kom­pe­tenzstu­fen-Sys­tems, um damit Ver­glei­che zwi­schen ver­schie­de­nen Klas­si­fi­ka­tio­nen von Qua­li­fi­ka­tio­nen zu ermög­li­chen. Das Doku­ment stellt einen Rah­men mit sechs gemein­sa­men und umfas­sen­den Kom­pe­tenz­ni­veaus vor. Die Stu­fen hei­ßen Ein­stieg, Grund­la­gen, Mit­tel­stu­fe, Gute Mit­tel­stu­fe, Fort­ge­schrit­te­ne Kennt­nis­se, Exzel­len­te Kennt­nis­se und sind ins­ge­samt auf die klas­si­sche Unter­schei­dung zwi­schen Grund­kennt­nis­sen, Mit­tel­stu­fe und Fort­ge­schrit­ten­en­stu­fe zurück­zu­füh­ren (sie­he fol­gen­de Tabelle).

Die Kom­pe­tenzniveaus wer­den in sum­ma­ti­ven Ska­lie­rungs­ta­bel­len mit Deskrip­to­ren in ver­schie­de­nen Ver­sio­nen für unter­schied­li­che Zwe­cke beschrie­ben. Die ers­te Tabel­le im Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­men dient mit ihren holis­ti­schen Beschrei­bun­gen der ein­zel­nen Grup­pen als Ori­en­tie­rungs­rah­men. Neben Tabel­len mit Kurz­zu­sam­men­fas­sun­gen der Erwar­tun­gen an das Sprach­ver­ständ­nis und an die Sprach­pro­duk­ti­on der Ler­ner gibt es anschau­li­che Ska­len für die Selbst­ein­schät­zung nach einem kom­pe­tenzori­en­tier­ten Ansatz sowie für die Beur­tei­lung der Sprach­kom­pe­tenz in Bezug auf den Umfang lexi­ka­li­scher und gram­ma­ti­scher Res­sour­cen (Spek­trum), die Kor­rekt­heit, die Flüs­sig­keit, die Inter­ak­ti­on und die Kohä­renz. Die­se Deskrip­to­ren lie­gen in Form von Kann-Beschrei­bun­gen vor und jedes Kom­pe­tenzniveau greift die Fähig­kei­ten der dar­un­ter­lie­gen­den Stu­fe in der Ska­la mit auf. Die sechs­stu­fi­ge Struk­tur bie­tet Raum für die Erwei­te­rung mit Zwi­schen­stu­fen (A2+, B1+, B2+) und ermög­licht so eine wei­te­re Dif­fe­renzierung inner­halb der Gruppen.

Lite­ra­tur

  • Bail­ly, Sophie; Devitt, Sean; Grem­mo, María José; Heyworth, Frank; Hop­kins, Andy; Jones, Bar­ry; Makosch, Mike; Riley, Phil­ip; Stoks, Gé & Trim, John (Eds.) (2003), Com­mon Euro­pean Frame­work of Refe­rence for Lan­guages: Lear­ning, tea­ching, assess­ment. A gui­de for users.  Stras­bourg: Lan­guage Poli­cy Divi­si­on [Online unter www.coe.int/t/dg4/Linguistic/…/GuideCECR-utilisateurs-Avril02_en.doc 7. Novem­ber 2017].
  • Euro­pa­rat, Rat für kul­tu­rel­le Zusam­men­ar­beit (2001), Gemein­sa­mer Euro­päi­scher Refe­renz­rah­men für Spra­chen: ler­nen, leh­ren, beur­tei­len. Ber­lin u.a.: Langenscheidt.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Deu­tungs­sche­ma

(Jörg Roche)

Inter­pre­ta­ti­on Pattern

Das Kon­zept des Deu­tungs­sche­mas geht zurück auf die sozi­al­phä­no­me­no­lo­gi­sche Wis­sens­ana­ly­se von Alfred Schütz und baut auf der Dif­fe­renz von sub­jek­ti­ver und objek­ti­ver Per­spek­ti­ve auf.

Kul­tu­rel­le Deu­tungs­mus­ter ent­hal­ten abs­trak­tes und typi­sier­tes Wis­sen über einen Erfah­rungs­be­reich, die­nen dazu, neue Erfah­run­gen und neue Infor­ma­tio­nen zu den bestehen­den Wis­sens­struk­tu­ren in Bezie­hung zu set­zen, sind durch Abla­ge­run­gen erfah­rungs­ge­sät­tigt, aber nicht durch indi­vi­du­el­le, son­dern „kol­lek­ti­ve“ Erfah­run­gen, wei­sen eine gewis­se Kon­stanz und Sta­bi­li­tät auf und wer­den immer wie­der her­an­ge­zo­gen, sind nicht im kogni­ti­ven Appa­rat des Indi­vi­du­ums ver­an­kert, son­dern einer Sprach- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­mein­schaft gemein­sam. Ob sie sich in inter­kul­tu­rel­len Kon­tex­ten als Verstehens‑, Ana­ly­se- oder Ver­mitt­lungs­in­stru­ment eig­nen, ist zwei­fel­haft und empi­risch nicht belegt, da sie bereits viel ziel­kul­tu­rel­les (kol­lek­ti­ves) Wis­sen vor­aus­set­zen, das sie eigent­lich gene­rie­ren hel­fen sollen.

Lite­ra­tur

  • Alt­may­er, Claus (2004), Kul­tur als Hyper­text. Zu Theo­rie und Pra­xis der Kul­tur­wis­sen­schaft im Fach als Fremd­spra­che. Mün­chen: Iudicium.
  • Schütz, Alfred (1932), Der sinn­haf­te Auf­bau der sozia­len Welt: eine Ein­lei­tung in die ver­ste­hen­de Sozio­lo­gie. Wien: Springer.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Didak­ti­scher Moni­tor (Inter­kom­pre­hen­si­ons­di­dak­tik)

(Jörg Roche)

Der didak­ti­sche Moni­tor ist ein empi­risch nicht beleg­tes Kon­strukt, dem­zu­fol­ge durch Sen­si­bi­li­sie­rung die Men­ge der Sprach- und Lern­da­ten erhöht wird, die durch Per­zep­ti­on der men­ta­len Ver­ar­bei­tung zuge­führt wer­den. Ohne die Moni­tor­pro­zes­se bleibt der Mehr­spra­che­n­er­werb dem­zu­fol­ge inzi­den­tell und damit ver­meint­lich unvoll­stän­dig. Eine Erhö­hung der men­ta­len Ver­ar­bei­tungs­brei­te und ‑tie­fe ver­bes­sert die Spei­che­rung der lern­re­le­van­ten Infor­ma­tio­nen. Durch eine bestimm­te Lern­steue­rung kön­nen die Zugriffs­leis­tun­gen auf Sprach­da­ten erhöht wer­den und damit zu einer Auto­ma­ti­sie­rung inter­lin­gua­ler Trans­ferrou­ti­nen bei­tra­gen. Aus die­sen Annah­men wird abge­lei­tet, dass Mehr­spra­chen­trai­ning deut­lich die Fähig­keit zur Nut­zung des inter­lin­gua­len Trans­ferpoten­zi­als verstärke.
Die Vor­stel­lung von der Exis­tenz und dem Funk­tio­nie­ren des didak­ti­schen Moni­tors im Kon­text der Inter­kom­pre­hen­si­ons­di­dak­tik erin­nert an ver­brei­te­te Annah­men zur Effi­zi­enz von Steue­rungs­maß­nah­men im Unter­richt (Input-Hypo­the­se, Input-Enhan­cing u.a.) und an die Debat­te über gram­ma­tik­ba­sier­te oder meta­ko­gni­ti­ve Sprach­be­wusst­heit. Inzi­den­tel­les Ler­nen wird dage­gen in hand­lungs­ori­en­tier­ten Ansät­zen gera­de als wich­ti­ge Grund­la­ge des Spra­che­n­er­werbs und nicht als unvoll­stän­dig ange­se­hen. Die Akti­vie­rung inten­si­ve­rer kogni­ti­ver Ver­ar­bei­tung kann dem­entspre­chend nicht nur durch meta­sprach­li­che Bewusst­ma­chung oder Fokus­sie­rung und die Aus­bil­dung eines meta­sprach­li­chen und meta­di­dak­ti­schen Moni­tors, son­dern über eine gebrauchs­ba­sier­te Sen­si­bi­li­sie­rung und den kom­mu­ni­ka­ti­ven Erfolg geschehen.

Lite­ra­tur

Meiß­ner, Franz-Joseph (2004), Trans­fer und Trans­ferieren. Anlei­tun­gen zum Inter­kom­pre­hen­si­ons­un­ter­richt. In: Klein, Horst G. & Rut­ke, Doro­thea (Hrsg.), Neue­re For­schun­gen zur Euro­päi­schen Inter­kom­pre­hen­si­on. Aachen: Shaker, 39–66.

Marx, Nico­le (2008), Is it neces­sa­ry to train lear­ners in inter­lin­gu­al com­pre­hen­si­on stra­te­gies? In: Gib­son, Mar­tha; Huf­ei­sen, Brit­ta & Per­son­ne, Cor­ne­lia (Hrsg.). Mehr­spra­chig­keit: Ler­nen und leh­ren, Mul­ti­l­in­gua­lism: lear­ning and ins­truc­tion, Le Plu­ri­lin­gu­is­me: appen­d­re er ens­eig­ner, O Plu­ri­lin­gu­is­mo: apren­der ensi­nar. Sel­ec­ted papers from the L3 con­fe­rence in Freiburg/Switzerland 2005. Balt­manns­wei­ler: Schnei­der Ver­lag Hohen­geh­ren, 135–150.

Die Kom­pe­tenz­ni­veaus im Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­men für Spra­chen (GER)

(Eni­kő Öveges)

Com­pe­ten­cy Levels of the Com­mon Euro­pean Frame­work for Languages 

Eines der Haupt­zie­le des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­mens für Spra­chen ist die Defi­ni­ti­on eines Kom­pe­tenzstu­fen-Sys­tems, um Ver­glei­che zwi­schen ver­schie­de­nen Klas­si­fi­ka­tio­nen von Qua­li­fi­ka­tio­nen zu ermög­li­chen. Das Doku­ment stellt einen Rah­men mit sechs gemein­sa­men und umfas­sen­den Kom­pe­tenzniveaus vor. Die Stu­fen hei­ßen Ein­stieg, Grund­la­gen, Mit­tel­stu­fe, Gute Mit­tel­stu­fe, Fort­ge­schrit­te­ne Kennt­nis­se, Exzel­len­te Kennt­nis­se und sind ins­ge­samt auf die klas­si­sche Unter­schei­dung zwi­schen Grund­kennt­nis­sen, Mit­tel­stu­fe und Fort­ge­schrit­ten­en­stu­fe zurück­zu­füh­ren (sie­he fol­gen­de Tabelle).

Die Kom­pe­tenzniveaus wer­den in sum­ma­ti­ven Ska­lie­rungs­ta­bel­len mit Deskrip­to­ren in ver­schie­de­nen Ver­sio­nen für unter­schied­li­che Zwe­cke beschrie­ben. Die ers­te Tabel­le im Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­men dient mit ihren holis­ti­schen Beschrei­bun­gen der ein­zel­nen Grup­pen als Ori­en­tie­rungs­rah­men. Neben Tabel­len mit Kurz­zu­sam­men­fas­sun­gen der Erwar­tun­gen an das Sprach­ver­ständ­nis und an die Sprach­pro­duk­ti­on der Ler­ner gibt es anschau­li­che Ska­len für die Selbst­ein­schät­zung nach einem kom­pe­tenzori­en­tier­ten Ansatz sowie für die Beur­tei­lung der Sprach­kom­pe­tenz in Bezug auf den Umfang lexi­ka­li­scher und gram­ma­ti­scher Res­sour­cen (Spek­trum), die Kor­rekt­heit, die Flüs­sig­keit, die Inter­ak­ti­on und die Kohä­renz. Die­se Deskrip­to­ren lie­gen in Form von Kann-Beschrei­bun­gen vor und jedes Kom­pe­tenzniveau greift die Fähig­kei­ten der dar­un­ter­lie­gen­den Stu­fe in der Ska­la mit auf. Die sechs­stu­fi­ge Struk­tur bie­tet Raum für die Erwei­te­rung mit Zwi­schen­stu­fen (A2+, B1+, B2+) und ermög­licht so eine wei­te­re Dif­fe­renzierung inner­halb der Grup­pen. Die Unter­schei­dung zwi­schen den Kri­te­ri­en auf jeder Stu­fe und den ent­spre­chen­den Plusstu­fen (bes­ser als die Anfor­de­run­gen an die ent­spre­chen­de Grup­pe, aber erfüllt noch nicht die der Fol­ge­grup­pe) wird durch eine hori­zon­ta­le Linie in den Tabel­len mar­kiert. Die Refe­renz­stu­fen kön­nen für die jewei­li­gen Unter­richts­kon­tex­te auf ver­schie­de­ne Wei­sen und mit unter­schied­li­chem Detail­lie­rungs­grad ver­wen­det wer­den. Mit ihnen wer­den Trans­pa­renz und Kohä­renz in der Pla­nung und Umset­zung, sowie Ver­läss­lich­keit und Ver­gleich­bar­keit der Bewer­tung gewährleistet.

Lite­ra­tur

  • Bail­ly, Sophie; Devitt, Sean; Grem­mo, María José; Heyworth, Frank; Hop­kins, Andy; Jones, Bar­ry; Makosch, Mike; Riley, Phil­ip; Stoks, Gé & Trim, John (Eds.) (2003), Com­mon Euro­pean Frame­work of Refe­rence for Lan­guages: Lear­ning, tea­ching, assess­ment. A gui­de for users.  Stras­bourg: Lan­guage Poli­cy Divi­si­on [Online unter www.coe.int/t/dg4/Linguistic/…/GuideCECR-utilisateurs-Avril02_en.doc 7. Novem­ber 2017].
  • Euro­pa­rat, Rat für kul­tu­rel­le Zusam­men­ar­beit (2001), Gemein­sa­mer Euro­päi­scher Refe­renz­rah­men für Spra­chen: ler­nen, leh­ren, beur­tei­len. Ber­lin u.a.: Langenscheidt.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Dif­fe­renz

(Jörg Roche)

Dif­fe­rence

Mit Dif­fe­renz wer­den indi­vi­du­el­le Wahr­neh­mun­gen und Wis­sens­kon­struk­tio­nen sowie sub­jek­tiv unter­scheid­ba­re Ein­stel­lun­gen, Wer­te und Erwar­tun­gen bezeich­net, die sich folg­lich nicht aus­schließ­lich auf sprach­li­che oder kul­tur­spe­zi­fi­sche Unter­schie­de bezie­hen, son­dern eher auf die Ein­zig­ar­tig­keit eines jeden Indi­vi­du­ums in Bezug auf Vor­er­fah­run­gen, Wis­sen, Stär­ken und Schwä­chen. Die Spra­che bil­det die­se Ein­zig­ar­tig­keit der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­stel­la­tio­nen ab.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Diglos­sie, Tri­glos­sie, Polyglossie

(Jala Gari­bo­va & Patri­cia Boos)

Diglos­sia, Tri­glos­sia, Polyglossia

Die Begrif­fe Diglos­sie und Tri­glos­sie, For­men der ter­ri­to­ria­len Mehr­spra­chig­keit, bezeich­nen die Spra­chen­si­tua­ti­on in mehr­spra­chi­gen Gesell­schaf­ten mit zwei oder drei Spra­chen oder Varie­tä­ten, die in bestimm­ten Situa­tio­nen für bestimm­te Zwe­cke ver­wen­det wer­den. Es fin­det eine Ver­tei­lung der Spra­chen auf bestimm­te Domä­nen statt. In Luxem­burg ist zum Bei­spiel die Natio­nal­spra­che und die Erst­spra­che der meis­ten Ein­woh­ner Luxem­bur­gisch und es wird auch im Radio und Fern­se­hen häu­fig gespro­chen, aber Deutsch und Fran­zö­sisch wer­den als Amts­spra­chen genutzt. Bei einer Kon­stel­la­ti­on, in der mehr als drei Spra­chen in einer Gesell­schaft, in einem geo­gra­fi­schen Gebiet oder inner­halb einer Gemein­schaft ver­wen­det wer­den, spricht man von Polyglossie.

Lite­ra­tur

  • Riehl, Clau­dia Maria (2013), Sprach­kon­takt­for­schung. Eine Ein­füh­rung (3., über­arb. Aufl.). Tübin­gen: Narr.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Dis­kon­ti­nu­ier­li­cher Text

(San­dra Drumm)

Dis­con­ti­nuous Text

Struk­tur­dia­gram­me, Gra­fen, Tabel­len, beschrif­te­te Abbil­dun­gen und ande­re For­men der Visua­li­sie­rung, bei denen kein Fließ­text prä­sen­tiert wird, wer­den als dis­kon­ti­nu­ier­li­che Tex­te bezeich­net. Sie sind oft Teil von Lehr­bü­chern und Auf­ga­benstel­lun­gen im Fachunterricht.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Dis­kurs

(San­dra Drumm)

Dis­cour­se

Als Dis­kurs bezeich­net man die Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit einem The­ma im Rah­men unter­schied­li­cher Tex­te und Äuße­run­gen, inner­halb mehr oder weni­ger gro­ßer gesell­schaft­li­cher Grup­pen. Der Dis­kurs ist sowohl Aus­tausch und Aus­hand­lung von Infor­ma­tio­nen, als auch Deu­tungs­mus­ter für die Teil­ha­be an der Grup­pe. In der Dis­k­ur­lin­gu­is­tik bezeich­net der Begriff Dis­kurs münd­li­che Text­sor­ten und ihre prag­ma­lin­gu­is­ti­schen Bedin­gun­gen, die von Kon­text, Situa­ti­on und Ziel der Kom­mu­ni­ka­ti­on abhän­gig sind.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Dis­kurs­ethik

(Gesi­ne Len­ore Schie­wer & Jörg Roche)

Die Dis­kursethik hat die Ori­en­tie­rung auf den so genann­ten ‚Dia­log der Kul­tu­ren‘ maß­geb­lich beein­flusst. Ihr zen­tra­ler Ansatz­punkt ist dar­auf fokus­siert, eine Gegen­po­si­ti­on zu Samu­el Hun­ting­tons The­se vom „Kampf der Kul­tu­ren“ ein­zu­neh­men und im Dia­log der Kul­tu­ren – als kul­tu­rel­ler Idee der glo­ba­len Ver­stän­di­gung – die Chan­ce für eine fried­li­che Zukunft zu sehen. Grund­le­gend soll dabei die Aus­ein­an­der­set­zung mit einer neu­en Auf­fas­sung von Viel­falt sein. Anläss­lich eines Run­den Tisches am Sitz der Ver­ein­ten Natio­nen im Sep­tem­ber 2000 erklär­ten der Gene­ral­se­kre­tär der UNO, zwölf Staats- und Regie­rungs­chefs sowie die Außen­mi­nis­ter ver­schie­de­ner Län­der über­ein­stim­mend, dass mit Hil­fe eines sol­chen Dia­logs zwi­schen den Kul­tu­ren alle Natio­nen in der Lage sei­en, Feind­schaft und Kon­fron­ta­ti­on durch Gespräch und Ver­ständ­nis zu erset­zen. Es knüp­fen sich also sehr weit­rei­chen­de Hoff­nun­gen an das Projekt.

Lite­ra­tur

  • Roche, Jörg & Schie­wer, Gesi­ne L. (2017), Iden­ti­tä­ten – Dia­lo­ge im Deutsch­un­ter­richt. Schrei­ben – Lesen – Ler­nen – Leh­ren. Tübin­gen: Narr Fran­cke Attemp­to Verlag.
  • Schie­wer, Gesi­ne L. (2010), Der ‚Dia­log der Kul­tu­ren‘ in der Dis­kus­si­on. Per­spek­ti­ven inter­na­tio­na­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on in nicht-idea­ler Situa­ti­on. In: Peter Hanen­berg (Hrsg.), Rah­men­wech­sel Kul­tur­wis­sen­schaf­ten. Würz­burg: Königshausen& Neu­mann, 75–84.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Dis­kurs­ra­tio­na­li­tät (Infor­ma­ti­ons­tech­ni­sches Kommunikationsmodell)

(Gesi­ne Len­ore Schiewer)

Eine ein­fluss­rei­che Strö­mung der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­theo­rie wur­de 1949 geprägt durch das bekann­te infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­dell von Shan­non und Wea­ver mit den zen­tra­len Kom­po­nen­ten Sen­der, Emp­fän­ger, Über­tra­gungs­ka­nal, Signal, Stö­rung. In vie­len Adap­tio­nen des Modells an mensch­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on wur­de aber allein die kon­ven­tio­nel­le und deno­ta­ti­ve Bedeu­tung der natür­li­chen Spra­che berück­sich­tigt. So kam es zur domi­nan­ten Akzen­tu­ie­rung der Gemein­sam­kei­ten der Lebens­welt. Damit ein­her­ge­hend ist cha­rak­te­ris­tisch, dass die Bedeu­tungs­viel­falt im Zei­chen redu­ziert wur­de. Der kom­mu­ni­zie­ren­de Mensch wird mit ande­ren Wor­ten als jemand gese­hen, der sich kon­ven­tio­nel­ler Aus­drucks­for­men bedient und sich ihnen zugleich unter­ord­net. In einem noch wei­ter­ge­hen­den Schritt rückt Jür­gen Haber­mas die Dis­kursratio­na­li­tät mit dem so genann­ten bes­se­ren Argu­ment, auf das sich alle Part­ner und Part­ne­rin­nen auch gegen ihre indi­vi­du­el­len Inter­es­sen eini­gen kön­nen, ins Zen­trum sei­ner Theo­rie des kom­mu­ni­ka­ti­ven Han­delns. Es geht um die Ein­hal­tung von Regeln, die dann auch im Fremd­spra­chen­un­ter­richt im Vor­der­grund ste­hen. Es lässt sich sagen, dass in die­sem Modell das kom­mu­ni­ka­ti­ve Han­deln in sei­ner sub­jek­ti­ven Sinn­haf­tig­keit ver­nach­läs­sigt wird. Kul­tu­rel­le und kon­no­ta­ti­ve Merk­ma­le wer­den nicht erfasst. Die­ses Man­ko wird ins­be­son­de­re in der inter­kul­tu­rel­len Wort­schatz­ar­beit pro­ble­ma­tisch, da Dif­fe­ren­zen von Seman­ti­ken gera­de in sprach­über­grei­fen­den Zusam­men­hän­gen zu Ver­ständ­nis- und Ver­stän­di­gungs­schwie­rig­kei­ten füh­ren können.

Lite­ra­tur

  • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2015), Die Noma­di­sie­rung der Moder­ne (Ilja Tro­ja­now) als sprach­poe­ti­sches Pro­gramm. Inter­kul­tu­rel­le Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und Fremd­spra­chen­un­ter­richt am Bei­spiel von ‚Cha­mis­so-Lite­ra­tur’. In: IDT 2013, Bd. 1, Haupt­vor­trä­ge, hg. von Hans Drumbl und Anto­nie Hor­nung. Bozen: bu,press, 149–171.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)