Der monolinguale Modus/Habitus bezeichnet eine Ausrichtung auf Einsprachigkeit in bildungspolitischen, curricularen und didaktischen Konzepten. Er lässt Fremdsprachigkeit im Kontext von Zuwanderung und Integration als Problem erscheinen, nicht als Chance. Dahinter verbirgt sich oft die Annahme, Sprache und Identität ließen sich nur in Reinnatur und von anderen Sprachen und Kulturen strikt getrennt einander zuordnen. Als Ergebnis einer monolingualen Ausrichtung ist lange unterstellt worden, dass Mehrsprachigkeit eher Problem als Chance ist und sich insgesamt negativ auf die beteiligten Sprachen – wenn nicht sogar „verwirrend“ auf den allgemeinen Geisteszustand ihrer Sprecher und Sprecherinnen – auswirken würde. Auch als politische Waffe gegen die Eingliederung ethnischer Minderheiten wurden diese vermuteten negativen Effekte der Mehrsprachigkeit zum Beispiel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland, aber auch Großbritannien und anderswo mobilisiert. Eine auf Monolingualität ausgerichtete Bildungspolitik setzt unhinterfragt zielsprachliche Normen, ignoriert Potentiale der Mehrsprachigkeit, schränkt den Erwerb und die Förderung von Sprachen und Sprachvarietäten ein und führt auch zur Entfremdung mehrsprachiger Sprecher von ihrer Familiensprache.
Literatur
- Dirim, Inci (2010), Wenn man mit Akzent spricht, denken die Leute auch, dass man mit Akzent denkt oder so. Zur Frage des (Neo-)Linguizismus in den Diskursen über die Sprache(n) der Migrationsgesellschaft. In: Mecheril, Paul; Dirim, Inci; Gomoll, Mechtild; Hornberg, Sabine & Stojanov, Krassimir (Hrsg.), Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturell-pädagogische Forschung. Münster, München: Waxmann, 92– 112.
- Brizić, Katharina (2008), Familiensprache als Kapital. In: Plutzar, Verena (Hrsg.), Nachhaltige Sprachförderung. Zur veränderten Aufgabe des Bildungswesens in einer Zuwanderergesellschaft (1. Aufl.).Innsbruck: Studien Verlag, 136–151.
- Brizić, Katharina (2009), Ressource Familiensprache. Eine soziolinguistische Untersuchung zum Bildungserfolg in der Migration. In: Schramm, Karen & Schroeder, Christoph (Hrsg.), Empirische Zugänge zu Sprachförderung und Spracherwerb in Deutsch als Zweitsprache. Münster: Waxmann, 23–42.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
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