(Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche)
Vantage Point
Im Unterschied zur Alltagssprache wird der Begriff „Perspektivierung“ (vantage point) zur Bezeichnung von drei spezifischen Dimensionen der Konzeptualisierung verwendet. Talmy unterscheidet 1. die interne und die externe Perspektive, so zum Beispiel bei Die Tür öffnete sich und er kam ins Zimmer (intern) und Er öffnete die Tür und ging ins Zimmer (extern). Mit dem nicht-progressiven Aspekt wird eine Art globale beziehungsweise externe Perspektive eingenommen, die bei perfektiven Verben die Betrachtung des Anfangs- und/oder des Endpunkts eines Prozesses ermöglicht (zum Beispiel Er schläft ein). Mit dem progressiven Aspekt wird hingegen eine lokale beziehungsweise interne Perspektive eingenommen, die auf eine einzelne Komponente des Prozesses fokussiert und daher auch Anfangs- und Endpunkt des Prozesses ausblendet (zum Beispiel Er ist am Einschlafen):
Bounded event (links) und unbounded event (rechts) (Radden & Dirven 2007: 178)
Die 2. Dimension betrifft die mitlaufende und die feste Kameraperspektive. So wäre im Satz Auf der Zugstrecke sind mehrere Tunnel eine feste Kameraperspektive anzunehmen, während im Satz Auf der Zugstrecke fahren wir ab und an durch einen Tunnel eine mitlaufende Kameraperspektive eingenommen wird.
Die 3. Dimension der Perspektivierung drückt die Lokalisierung von Objekten, den Bezugspunkt, aus. Die Beispielsätze Hinter dem Baum steht ein Radar oder Vor dem Baum steht ein Radar könnten sich durchaus auf dieselbe Situation beziehen. Neben der Figur Radar und dem Grund Baum ist hier ein secondary landmark als Bezugspunkt gegeben. Bezugspunkte können sich auf das betrachtende Subjekt beziehen (ego-aligned versus ego-opposed), eine objektzentrierte Perspektive oder und die absolute Perspektive markieren. Die objektzentrierte Perspektive ist dann möglich, wenn ein Referenzobjekt eine intrinsische vordere und hintere Seite hat. Die absolute Perspektive bezieht sich auf ein unverändertes Orientierungssystem aus der Umwelt, wie die Himmelsrichtungen.
Literatur
- Langacker, Ronald W. (2008a), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford/New York: Oxford University Press.
- Langacker, Ronald W. (2008b), Cognitive grammar as a basis for language instruction. In: Robinson, Peter & Ellis, Nick C. (Eds.), Handbook of Cognitive Linguistics and Second Language Acquisition. New York: Routledge, 66–88.
- Radden, Günter & Dirven, René (2007), Cognitive English Grammar. Amsterdam: John Benjamins Pub.
- Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)