Agonist / Antagonist
Agonist und Antagonist stellen zwei Entitäten des Kraft-Dynamik-Systems dar. Zu einer typischen Kraftkonstellation in einer kausalen Situation gehören zwei Objekte (Entitäten der Kraft) mit verschiedenen Rollen. Die erste Entität der Kraft wird als „Agonist“ bezeichnet; bei der Versprachlichung der Situation befindet er sich gewöhnlich im Fokus der Aufmerksamkeit und ist salienter. Der Agonist verfügt über eine natürliche Krafttendenz (entweder zur Fortbewegung oder zum Ruhezustand) und verwirklicht diese so lange, bis es vom Einfluss eines anderen Objekts mit einer stärkeren Kraft überwältigt wird (Talmy 2000).
Die zweite Entität der Kraft, die ihren Einfluss auf den Agonisten ausübt, wird „Antagonist“ genannt. Er nimmt die Rolle der externen Kraft ein, die dem Agonisten entgegen tritt beziehungsweise Druck auf ihn ausübt. Je nachdem, ob die Kraft des Antagonisten schwächer oder stärker ist als die des Agonisten, ist das Ergebnis der kausalen Situation entweder ein Ruhezustand oder eine Bewegung (Talmy 2000).
In untenstehendem Beispiel tritt der Ball als Agonist auf, der in sich eine Tendenz zur Ruhe enthält (wenn es keinen Wind gäbe, würde der Ball am Strand liegen). Allerdings übt der Wind – der Antagonist – seine Kraft auf den Ball aus, und da die Kraft des Windes in diesem Fall stärker ist, ist das Resultat der Situation eine Bewegung (Der Ball rollt). Wenn die Kraft des Windes schwächer wäre als die des Balls, könnte der Satz beispielsweise Trotz des Windes blieb der Ball am Strand liegen lauten.
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Der Wind [Ant] treibt den Ball [Ag] den Strand entlang.
(Bildschema aus Talmy 2000: 415)
Literatur
- Evans, Vyvyan; Green, Melanie (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Edinburgh: Edinburgh Univ. Press, 531, 544.
- Roche, Jörg; Suñer Muñoz, Ferran (2014), Kognition und Grammatik: Ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz zur Grammatikvermittlung am Beispiel der Grammatikanimationen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht (19:2), pp. 119–145. Available online at http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-19–2/beitrag/Roche_Suner.pdf.
- Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Cambridge, MA: MIT Press, Chapter 7.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)